: Die „Filmfreunde“ und die Nazifilme
Es soll noch einmal die Rede sein von dem erlauchten „Freundeskreis Filmkunst e.V.“, der in Hamburger Kinos geneigten Interessenten besondere Kunstwerke zugänglich machte: Nazifilme. Am 2. November hat die taz hamburg schon einmal darüber berichtet, seitdem sind, vor allem durch das Engagement der AG Kino und der Hochschul-Antifa, weitere Einzelheiten zutage getreten. So handelt es sich bei dem Freundeskreis um einen einschlägig bekannten Naziverein. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes rechnet ihn eindeutig zum „braunen Rand“. Auf ihre Filmveranstaltungen weist der Kreis in der Publikation Die Warte hin. Besonders interessant: Auf einer Liste mit Filmvorführungen aus den Jahren 1986/87 wird auch noch für eine „Busfahrt nach Hetendorf“ geworben. In Hetendorf befindet sich ein Ausbildungszentrum für militante Neonazi-Organisationen.
Die Filmliebhaber planten, im City-Kino am Steindamm jeweils am ersten Sonntag im Monat bis in den April 1996 hinein eine Reihe von Preußenfilmen zu zeigen. Bis auf eine Ausnahme sind alle avisierten Filme in der Zeit zwischen 1933 und 1945 entstanden. Der Filmhistoriker Jörg Schöning vom Hamburgischen Centrum für Filmforschung, CineGraph, wertet sie gegenüber der taz als „einschlägig bekannten nationalsozialistischen Hardcore“. In allen diesen Filmen werden, so Schöning, Führergestalten gefeiert und eindeutige Analogien zwischen den historischen Figuren und Adolf Hitler hergestellt.
Unklar ist, über welche Quellen die Filmfreunde an die Kopien gelangt sind. Nach Auskunft der Hamburger Ufa, die das City-Kino betreibt, haben die obskuren Filmliebhaber angegeben, sie über die renommierte Friedrich-Murnau-Stiftung bezogen zu haben. Die Stiftung verwaltet im Auftrag des Bundes drei Viertel der Rechte an Nazifilmen und gewährt eine Aufführung nur unter strengen Bedingungen. Ihrem Vorsitzenden Peter Franz zufolge habe eine Anfrage von seiten der Filmfreunde allerdings nur in einem Fall vorgelegen, wahrscheinlich seien die Kopien über den Schwarzmarkt besorgt worden. Die Filmfreunde hätten danach gegen das deutsche Urheberrecht verstoßen. Inzwischen distanziert sich auch die Ufa von den Vorführungen. Der Hamburger Ufa-Mann Manfred Glöde: „Wenn wir gewußt hätten, mit wem wir es zu tun haben, hätten wir unsere Kinos nicht zur Verfügung gestellt.“ Weitere Vorführungen werde es nicht mehr geben. drk
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen