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USA weisen Goldstones Kritik zurück

■ taz-Artikel sorgt für Krach zwischen Haager Chefankläger und US-Regierung über die Weitergabe von Informationen

Washington/Berlin (rtr/wps/ taz) – Die US-Regierung hat die Kritik des Chefanklägers beim Haager Jugoslawien-Tribunal an der Lieferung von Beweismaterial als bedauerlich bezeichnet. Die USA würden größte Anstrengungen unternehmen, um Berichte von Augenzeugen und anderes Beweismaterial für Greueltaten und Kriegsverbrechen in Bosnien- Herzegowina zu sammeln und dem Tribunal zuzuleiten, sagte der Sprecher des US-Präsidialamtes, Mike McCurry, am Dienstag in Washington. Einige Geheimdienstinformationen könnten dem Gericht aber aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht zur Verfügung gestellt werden. Über Einzelheiten wollte er sich nicht äußern. Chefankläger Richard Goldstone hatte einem Bericht der Washington Post zufolge in einem Brief beklagt, die USA seien seiner Bitte um Informationen über vermutete Kriegsverbrechen in Bosnien nur unvollständig nachgekommen. Von 25 Anfragen seien nur die Hälfte angemessen beantwortet worden. Die Qualität der Berichte sei zudem enttäuschend. Außerdem seien sie oft nicht rechtzeitig eingetroffen. Der Brief ist vom 31. Oktober datiert. Der Chefankläger erwägt nun, nächste Woche in dieser Angelegenheit nach Washington zu reisen.

Die Anfragen Goldstones sind unter anderem eine Reaktion auf einen Artikel in der taz vom 12. Oktober zu den Erkenntnissen von CIA und NSA über die serbischen Angriffsvorbereitungen und die Massaker nach der Eroberung von Srebrenica. Eine englische Übersetzung des Artikels liegt Goldstone seit dem 19. Oktober vor. Dabei geht es vor allem um Geheimdienstkenntnisse über die Telefonkommunikation zwischen dem Generalstabschef Serbiens, Momcilo Perisić, und dem Kommandant der bosnischen Serben, Ratko Mladić. Nach diesen Erkenntnissen wurde der Angriff auf Srebrenica, die nachfolgende Evakuierung der Stadt und die Verschleppung tausender Männer von dem Belgrader General initiiert und befehligt. Gegenüber dem Newsday-Reporter Roy Gutman bestätigte ein hoher Regierungsbeamter in Washington am Dienstag, daß die Kommunikation zwischen Perisić und Mladić in der Tat abgehört wurde. Mladić ist – im Gegensatz zum serbischen Präsidenten Slobodan Milošević – vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag angeklagt.

In der US-Presse wird nun spekuliert, ob die USA belastendes Material über Milošević zurückhalten, um die Bosnien-Friedensgespräche in Dayton, Ohio, nicht zu belasten, an denen Milošević teilnimmt. Der Sprecher des US- Außenministeriums, Nicholas Burns, vermied eine klare Antwort auf die Frage, ob die USA Beweise zurückhalten, um eine Anklage gegen Milošević zu vermeiden. „Mir sind keine derartigen Bemühungen bekannt“, sagte Burns. b.s.

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