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Voscheraus Bezirksverwaltungsreform gescheitert

■ CDU, GAL, Statt und einige SPDler lehnen Senatsentwurf in trauter Eintracht ab

Die Pläne von Stadtchef Henning Voscherau, noch in dieser Legislaturperiode eine auf Stärkung der Zentralgewalt und Entmachtung der Bezirke ausgerichtete Verwaltungsreform durchzusetzen, sind seit gestern Makulatur. Der Statt Partei-Abgeordnete Georg Berg: „Die Senatsdrucksache wird nicht beschlossen. Die zentralistische Idee hat keine Mehrheit in den Bürgerschaft.“

Berg beließ es nicht bei Worten. Stolz präsentierte die Statt Partei gestern einen eigenen Entwurf zur Bezirksverwaltungsreform, der in wesentlichen Eckpunkten von der Senatsvorlage abweicht. Mit der GAL, die bereits einen eigenen Antrag vorlegte, der CDU, die in fast allen Punkten mit der GAL übereinstimmt, einigen SPD-Abgeordneten und jetzt auch der Statt Partei verfügt die Anti-Senatskoalition im Parlament über eine breite Basis.

Kernpunkte des Statt-Partei-Entwurfs:

– es bleibt bei der Wahl der Bezirks-amtsleiterInnen durch die Bezirksversammlung,

– es bleibt bei Bürgerbeteiligung in Ausschüssen,

– die Ausschüsse tagen öffentlich,

– die Bezirksversammlungen erhalten klar umrissene und erheblich erweiterte Aufgaben, die sie mit eigenem Etat und abschließend entscheiden dürfen,

–am Recht des Senats, jede Bezirksentscheidung an sich zu ziehen, wenn sie nicht gefällt (“Evokationsrecht“), wird aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gerüttelt.

Mit diesen Eckpfeilern gibt sich der Vorschlag als gemilderte Variante der Vorschläge von GAL und CDU, die in Sachen demokratischer Selbstverwaltung der Bezirke und auch hinsichtlich der Bürgerrechte (Volksbegehren, Volksentscheid, Wahl der BezirksbürgermeisterIn durch die BürgerInnen) noch erheblich weiter gehen.

Den weiteren Gang der Dinge stellt sich Berg so vor: Die Senatsvorlage, die nach der jetzt abgeschlossenen Einholung von Stellungnahmen überarbeitet werden muß, wird – falls sie sich nicht grundlegend ändert – scheitern. Dann holt die Statt Partei ihren weichen Gegenvorschlag aus der Schublade und findet dafür eine breite Bürgerschaftsmehrheit.

Doch ein anderer Ablauf ist viel wahrscheinlicher: Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem wird, getrieben von Voscherau, auf einen Senatsantrag verzichten und das Thema auf die nächste Legislaturperiode verschieben. Einen kleinen Vorgeschmack auf den Streit im Senat dürfte der SPD-Parteitag am kommenden Wochenende geben, der sich auch mit dem Thema Verwaltungsreform beschäftigen will – eine breite Mehrheit der SPD-Funktionäre lehnt Voscheraus Pläne ab. Florian Marten

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