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Fernziel Öko-Stadt

■ BUND startet Kampagne über nachhaltige Entwicklung Berlins. Auf Verbrauchszuteilung für einzelne verzichtet

Der BUND hat gestern seine mehrwöchige Kampagne „Zukunftsfähiges Berlin“ eingeleitet, zu der eine Vortragreihe und eine Ausstellung in der Galerie „Kunstmesse“ in Mitte gehören. Der Große Vorsitzende Hubert Weinzierl war dazu extra aus Bonn angereist und stieß sich – an einer Wasserflasche. Im Berliner BUND-Büro fand er Sprudel aus Wien: „Das ist doch der höhere Schwachsinn, das Hunderte von Kilometern zu transportieren“, rügte Weinzierl. Da hatte er sein konkretes Beispiel dafür, was die Kampagne bewirken soll: Eine Debatte über den Lebensstil der Metropole loszutreten.

Grundlage der Kampagne ist die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die der BUND und Misereor jüngst in Bonn vorstellten (siehe taz, 23.10.95). Die Studie nimmt erstmalig „eine Gesamtschau des Nachfrageverhaltens“ vor. Umweltzerstörender Verbrauch läßt sich so sehr konkret auf menschliche Bedürfnisse wie Wohnen, Ernährung, Freizeit beziehen. Danach müßte Berlin zum Beispiel den Schadstoffausstoß auf ein Zehntel einschränken. Für den BUND hieße das: Autofreie Innenstadt bis 2010 und als Ersatz dafür Straßenbahnen, 1.000 Kilometer Busspuren und ein Modellvorhaben „autofreies Wohnen“.

Weinzierl gestand, daß viele Ergebnisse der Studie nicht neu seien. Aber sie zeige, daß sich die Werte in der Gesellschaft drastisch wandeln müßten. Der Berliner BUND hat dies für die Problemkreise Treibhauseffekt, Sommersmog, Trinkwasserbelastung, Bodenschutz und Grundwasserressourcen vergleichsweise konkret auf Berlin bezogen. Auf das erwartete „Herunterrechnen“ für Berlin oder einzelne Bürger verzichteten die Umweltschützer allerdings. Man wolle nicht den Anschein einer „Zuteilungsgesellschaft“ erwecken, begründete dies Kampagnenleiterin Martina Schäfer, in der der BUND jedem vorschreibe, wieviel er verbrauchen dürfe. Man setze bei der Umsetzung auf „Diskurs“ und auf Bündnispartner. Dazu zählen Initiativen wie das Kommunale Forum im Wedding, Food-Coops, aber auch Unternehmen und Designer, die teilweise in der gestern eröffneten Ausstellung zu besichtigen sind.

Auf die Kritik Berliner entwicklungspolitischer Gruppen an dem Konzept reagierte Hubert Weinzierl überraschend offen. Natürlich müsse der Weltmarkt neu geordnet werden, „sonst gibt es keine Umkehr“, sagte Weinzierl. Die Kritiker hatten die Nord-Süd- Komponente der Studie „unterbelichtet“ genannt. cif

„Zukunftsfähige“ Termine: Heute, Samstag, 19 Uhr, Podiumsdiskussion der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung, mit Michaele Schreyer u.a., Humboldt- Uni, Spandauer Straße 1, Raum 220; BUND-Podiumsdiskussion über Öko-Steuer, 15. Nov., 20 Uhr, Humboldt-Uni, Unter den Linden, Kinosaal; Entwicklungspolitische Kritik – Seminar des Forschungs- und Doku-Zentrum Chile-Lateinamerika, 16. Nov., 17.30–21 Uhr, Bildungswerk, Zeughofstraße 20.

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