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Achtungserfolg links, klarer Sieg aber rechts

■ Konservativer Unternehmer Arzú wird neuer Präsident Guatemalas

Guatemala-Stadt (taz) – Als kurz nach Mitternacht ein landesweiter Stromausfall die Auszählung für anderthalb Stunden lahmlegte, war bereits abzusehen, was sich später zu festigen schien: Der blonde Unternehmer Alvaro Arzú von der Partei des Nationalen Fortschritts (PAN) hat die Präsidentschaftswahlen in Guatemala bereits im ersten Wahlgang gewonnen, eine Stichwahl am 7. Januar scheint nicht notwendig.

Nach Auszählung etwa der Hälfte der Wahlbüros in der Hauptstadt, wo er sich als Bürgermeister den Ruf des Saubermannes erwarb, erhielt er rund 56 Prozent der Stimmen. Sein blasser Konkurrent Alfonso Portillo von der rechten Republikanischen Front Guatemalas (FRG) des Ex- Diktators Rios Montt erhielt 16 Prozent.

Die Demokratische Front für ein Neues Guatemala (FDNG) konnte sich trotz mit bescheidensten Mitteln geführten Wahlkampfes mit 6,2 Prozent als dritte politische Kraft etablieren. Bei den Kongreßwahlen kam sie in Guatemala-Stadt sogar auf über 10 Prozent, womit sie wahrscheinlich ihr Wahlziel von vier Abgeordneten im achtzigsitzigen Parlament übertrifft. Daß von den vier erstplazierten Parteien keine älter als sechs Jahre ist, legt die Krise der traditionellen Parteien eindrucksvoll offen.

Wahlbeobachter der Europäischen Union erklärten, daß keinerlei Anzeichen für einen Wahlbetrug oder Einschüchterung der Wähler vorlägen. Daß die guatemaltekische Bevölkerung aber trotz technisch einwandfreien Wahlablaufes kein großes Vertrauen in das politische System ihres Landes hat, kann man an der hohen Stimmenthaltung ablesen – nur etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten gingen tatsächlich zur Wahl. Selbst das ist allerdings schon doppelt so hoch wie gewöhnlich in Guatemala.

In San José Poaquil etwa, einer indianischen Gemeinde von 18.000 Seelen im Hochland von Chimaltenango, etwa 90 Kilometer westlich der Hauptstadt, erklärten alle Bürgermeisterkandidaten gleichermaßen, die Trinkwasserversorgung habe oberste Priorität. Nur habe die Zentralregierung die Landgemeinden nie mit ausreichenden Mitteln ausgestattet.

So zeigten sich am Sonntag die Einwohner vom Volk der Kak-chiqueles wesentlicher interessierter am parallel zur Wahl stattfindenden Markt als an den Wahlurnen, wo sich nur sporadisch kurze Schlangen bildeten. Die Guerilla läßt sich hier schon lange nicht mehr blicken – nur ein Armeeposten am Ortseingang sorgt noch immer für ein latentes Klima der Angst. Schließlich haben die Einwohner nicht vergessen, wie zu Beginn des Jahres in der nahe gelegenen Hacienda Maria dreißig Bauern von Soldaten massakriert wurden.

Der Wahlsieger Alvaro Arzú hat versprochen, er würde die Armee „auf ihren Platz verweisen“. So ernst wird es ihm damit nicht sein, sonst hätten hohe Offiziere vor der Wahl nicht offen ihre Sympathie für den ehemaligen Außenminister erklärt. Wie ernst es Arzú mit seinem Bekenntnis zu den Friedensgesprächen mit der Guerilla ist, muß er bald beweisen. Denn die nächste Verhandlungsrunde ist noch vor Monatsende angesetzt. Ralf Leonhard

Siehe Seiten 10 und 11

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