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Ein paar Mark nebenbei verdienen

■ Neue Studie zeigt: Als Billigkräfte sind RentnerInnen beliebt

„Die Erwerbstätigkeit von Rentnern wird möglicherweise wieder zunehmen“, sagt der Soziologe Günther Wachtler von der Gesamthochschule Wuppertal. In einer noch unveröffentlichten Befragung von 2.000 Älteren zwischen 60 und 80 stellte er fest: jeder zehnte Ruheständler verdient sich ein paar Mark dazu. Da ist die 68jährige, die als Verkäuferin in einem Bettengeschäft aushilft. Ein 66jähriger Ex-Personalchef eines Reisebüros berät stundenweise ältere Kunden in Sachen Kreuzfahrt. RentnerInnen verkaufen in Bäckereien und füllen die Regale in Lebensmittelgeschäften auf. Rentner beaufsichtigen das bunte Publikum in Spielhallen. Unter den 5.600 Beschäftigten eines bundesweit vertretenen Gebäudeservice waren sogar 200 über 65 Jahre.

„Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze“, so Wachtlers Resümee. Damit sind RentnerInnen die Traumhilfskräfte für viele Firmen: berufserfahren, zeitlich flexibel und billig, da bei sozialversicherungsfreien Beschäftigungen keine Lohnnebenkosten anfallen. Kein Wunder, daß so manche Firma gerne ihre ehemaligen MitarbeiterInnen wieder beschäftigt. Mitunter sogar, nachdem sie via Arbeitsamt in den Vorruhestand geschickt wurden. Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen RentnerInnen jobbt in der alten Firma und übt häufig sogar die gleiche Tätigkeit aus wie zuvor. Die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse sind auch für die RuheständlerInnen günstiger als eine „Teilrente“, bei der die Teilzeitarbeit mit der Rente verrechnet wird.

Die Wuppertaler Soziologen befragten auch 800 Betriebe – und stellten fest, daß immerhin jede vierte Firma RentnerInnen beschäftigt. Unter den mittelständischen Unternehmen mit 50 bis 100 MitarbeiterInnen hatte sich sogar fast jeder zweite Betrieb entschlossen, sich der pflegeleichten Rentner-Arbeitskraft zu bedienen.

Ausgebeutet fühlen sich die RuheständlerInnen dabei nicht, im Gegenteil: „Mir macht es Freude, unter Menschen zu sein“, freute sich die 68jährige Betten-Verkäuferin. Nur ein Drittel der Befragten gab an, lediglich wegen des Geldes zu jobben.

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