: Verkehrsrowdies waren Polizisten
■ Türkischer Schüler wurde von aggressiven Autofahrern, die Polizisten waren, geschlagen. Gegenseitige Anzeigen
„Ich wollte signalisieren, daß so mit meinen Schülern nicht umgegangen werden kann“, begründet Hannelore Aschendorf, Leiterin der Diesterweg-Oberschule in Wedding, ihre Strafanzeige gegen zwei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Die beiden Polizeibeamten haben ihrerseits zwei türkische Schüler ihres Gymnasiums wegen Nötigung im Straßenverkehr beziehungsweise wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.
Der Anlaß der jetzt wohl zwangsläufig folgenden juristischen Auseinandersetzung liegt einen Monat zurück. Am 18. Oktober wollten mehrere Gymnasiasten die Pankstraße überqueren, um in ein Nebengebäude der Schule zu gelangen. Was dann passierte, schildern mehrere Schüler und zwei hinzukommende Lehrerinnen übereinstimmend folgendermaßen: Zwei Oberschüler seien von einem daherrasenden Auto gefährlich geschnitten worden. Aus Wut habe einer der beiden mit der Hand auf das Autoblech geschlagen, ohne daß irgendeine Beschädigung entstand. Daraufhin sei der Beifahrer ausgestiegen und habe den Schüler derart heftig ins Gesicht geschlagen, daß Blut floß. Danach habe er den Abiturienten in den Schwitzkasten genommen und mit dem Gesicht auf das Autodach gedrückt.
Als seine schockierten Mitschüler dem Angegriffenen zuriefen, sie würden die Polizei alarmieren, hätten sich die beiden Autoinsassen als Polizisten zu erkennen gegeben. Erst auf wiederholtes Drängen der beiden mittlerweile herbeigeeilten Lehrerinnen hätten sie ihre Dienstnummern angegeben.
Schulleiterin Aschendorf sah keinen Anlaß, an den Zeugenaussagen ihrer Schüler zu zweifeln. Als sie deren schriftliche Auslassungen durchgelesen hatte, marschierte sie in das nahe gelegene Polizeirevier in der Pankstraße und zeigte die beiden vermeintlichen Verkehrsrowdies an. Die Gesamtelternvertretung schickte Protestbriefe an die Medien, die Innenverwaltung und den Polizeipräsidenten. „Die Eltern haben sich sehr erregt“, berichtet Eva Behrens, Vorsitzende der Gesamtelternvertretung. Sehr optimistisch ist sie allerdings nicht: Zu viele ähnlich gelagerte Fälle seien schon zugunsten der Polizei entschieden worden.
Die Ermittlungen gegen den türkischen Schüler sind anscheinend aber schon weiter fortgeschritten als die gegen die Beamten: Der Abiturient wurde bereits als Beschuldigter von der Polizei vorgeladen. Nach Darstellung der Polizeipressestelle hätten er und sein Mitschüler durch „provozierende Langsamkeit“ beim Überqueren der Straße vor dem Wagen der Zivilfahnder für einen Beinahe-Unfall gesorgt. Ute Scheub
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