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Morsleben darf weiter strahlen

Oberverwaltungsgericht Magdeburg verwirft die rechtlichen Möglichkeiten von Bürgern, das Atommüllendlager Morsleben vom Land schließen zu lassen  ■ Aus Magdeburg Hermann-Josef Tenhagen

Das Land Sachsen-Anhalt kann von betroffenen Bürgern nicht gezwungen werden, das unsichere Atommüllendlager Morsleben bei Helmstedt zu schließen. Das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg wies gestern die Klage von vier Helmstädter Bürgern ab, die die Schließung der Anlage oder den Widerruf der noch zu DDR-Zeiten erteilten Genehmigung für die Einlagerung von Atommüll verlangt hatten. „Das gibt das Atomrecht nicht her“, so der Vorsitzende Richter Burkhard Guntau in seiner Begründung. In dem ehemaligen Salzbergwerk sind bislang etwa 20.000 Tonnen Atommüll abgekippt worden. Experten bezweifeln, daß ein solches Lager nach westdeutschem Recht genehmigungsfähig gewesen wäre.

Bei der Verhandlung waren sich die Klägerfamilie Doil sowie die KlägerInnen Annette Fox und Axel Hennig mit der beklagten rot-grünen Landesregierung von Sachsen-Anhalt einig, daß die Landesregierung die Genehmigung für das Atommüllendlager rein rechtlich widerrufen kann. Unisono verwiesen die Anwälte der KlägerInnen und auch der Anwalt des Landes, Clemens Arzt, auf das Morsleben-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Das hatte 1992 geurteilt, daß die Morsleben-Genehmigung aus DDR-Zeiten auch im vereinten Deutschland Gültigkeit habe. Sie hatten die damalige Klägerin aber explizit auf die Möglichkeit hingewiesen, die Schließung der gefährlichen Atomanlage durch einen Widerruf der Genehmigung beim Land Sachsen-Anhalt zu erreichen. Sachsen-Anhalts Umweltministerin Gudrun Heidecke (Bündnis 90/Die Grünen) hatte im letzten halben Jahr eine Schließung versucht, war aber durch Weisungen von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) zurückgehalten worden.

Das Gericht schloß sich gestern der Meinung der Bundesregierung an. Der Anwalt des Bundesumweltministeriums hatte das Recht der KlägerInnen bestritten, einen Widerruf der Genehmigung von der Landesregierung zu verlangen. Sie müßten sich für die Schließung der Atomanlage schon in einem neuen Prozeß an den Bund als Betreiber halten. Bei Richter Guntau klang das so: „Der Bund lagert ein, nicht das Land. Der Gesamtstaat Bund kann nicht unter die Kontrolle des Landes geraten.“

Das Endlager Morsleben wäre nach bundesdeutschem Recht nicht genehmigungsfähig. In den Schächten des ehemaligen Salzbergwerks tropft es, mittelradioaktiver Müll wird nach der alten DDR-Genehmigung 15 Meter tief in ein Loch abgekippt, wobei die Fässer beschädigt werden. Und was außer Atommüll zu DDR- Zeiten noch abgekippt worden ist, wird zum Teil geheimgehalten.

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