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Strahlend in die Donau

Rumänien will künftig strahlende Abwässer aus dem AKW Cernovoda in die Donau einleiten. Reaktor soll Anfang 1996 in Betrieb gehen  ■ Aus Bukarest Keno Verseck

Radioaktive Abwässer aus dem rumänischen Atomkraftwerk Cernovoda dürfen in die Donau und den Donau-Schwarzmeer-Kanal eingeleitet werden. Das hat eine rumänische Ministerialkommission jetzt entschieden. Vorausgegangen war der Entscheidung ein mehrwöchiger Streit um die Einleitung radioaktiver Abwässer, der bis ins rumänische Parlament reichte.

Zunächst hatte das AKW Cernovoda keine Genehmigung zur Einleitung der Abwässer in die Donau und den Donau-Schwarzmeer-Kanal erhalten. Den Antrag der Kraftwerksbetreiber lehnte das Inspektorat der Gesundheitspolizei im Kreis Constanta Ende Oktober ab. In der Begründung dazu hieß es, daß die Abwässer aus dem Kühlsystem des Reaktors, der im Frühjahr 1996 in Betrieb gehen soll, strahlendes Tritium und radioaktiven Kohlenstoff enthalten würden. Die Substanzen könnten zu einer „Verkürzung der Lebenserwartung bei der Bevölkerung“, zu „genetischen Veränderungen bei kommenden Generationen“ führen und stellten eine „Krebsgefahr“ dar. Aus der Donau und dem Donau-Schwarzmeer-Kanal wird Trinkwasser gewonnen.

Die Regierung hatte daraufhin Anfang November eine Kommission mit Mitgliedern aus der Nationalen Kommission zur Kontrolle von nuklearen Aktivitäten, dem Gesundheits- sowie dem Umweltministerium eingesetzt, die den Fall prüfen sollte. Die Kommission entschied, daß radioaktive Abwässer in die Donau und den Donau- Schwarzmeer-Kanal eingeleitet werden dürfen, wenn der Höchstwert der Tritium- und Kohlenstoff- Konzentration nicht mehr als 5 Prozent der international erlaubten Grenzwerte beträgt.

Auf Anfrage der taz sagte ein Sprecher des Inspektorats der Gesundheitspolizei im Kreis Constanta, daß er mit der Entscheidung zufrieden sein werde, wenn die Abwässer nur in die Donau geleitet würden, da hier die größere Wassermenge eine niedrigere Konzentration radioaktiver Substanzen bewirke. Das Inspektorat fordert außerdem, daß es im Atomkraftwerk die Luftradioaktivität messen darf. Die Regierung hat für die Anlage bisher kein Geld zur Verfügung gestellt.

Begründung dafür sind die chronischen Finanzschwierigkeiten des rumänischen Staates. Mit einer Verspätung von mehr als einem Jahr soll im Frühjahr 1996 der erste von fünf kanadischen 650- Megawatt-Reaktoren in Cernovoda ans Netz gehen. Ungesichert ist auch die Finanzierung des halbfertigen zweiten Reaktors. Die Weltbank hat sich geweigert, Kredite für den Weiterbau des AKW zur Verfügung zu stellen.

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