: Sonnentour im Winter
Auftakt der „Solar-Tour '95“ von Greenpeace auf dem Alexanderplatz. In Deutschland sollen weiterhin Solaranlagen gebaut werden ■ Von Elke Gundel
Auf dem schnee- und eisbedeckten Alexanderplatz hat Greenpeace gestern eine bundesweite „Solar-Tour“ gestartet. Die Sonnentour im Winter ist Teil einer Kampagne, mit der die Umweltschutzorganisation 2.500 Kaufinteressenten für eine Solaranlage gewinnen möchte. Denn etwa so viele KäuferInnen der von Greenpeace vorgestellten Photovoltaik-Anlage „Cyrus“ benötige eine Solarfabrik pro Jahr, um gewinnbringend arbeiten zu können. „Wir haben unsere Tour in Berlin gestartet, weil Bundesbauminister Töpfer angekündigt hat, die 170 Neubauten des Bundes mit Solaranlagen auszustatten“, sagt Greenpeace-Aktivist Jörn Schunk. Im Schatten des Alex hat Greenpeace jetzt ein halbes Hausdach samt 18 Quadratmeter großer Solaranlage und eine Ausstellung zum Thema aufgebaut. Die Anlage „Cyrus“ produziert 2 kW Strom im Jahr und deckt damit etwa die Hälfte des Stromverbrauchs eines 4-Personen-Haushalts. Samt Installation wird „Cyrus“ rund 22.000 Mark kosten und damit 40 Prozent unter den heute üblichen Preisen einer vergleichbaren Anlage liegen. „Cyrus“ ist eine netzgekoppelte Anlage, der auf dem Dach produzierte Strom kann also direkt ins vorhandene Stromnetz eingespeist werden. „Auch bei Schnee produziert die Anlage Strom“, versichert Schunk, „es verringert sich höchstens der Wirkungsgrad.“ Auf den Glasplatten der Solaranlage schmelze der Schnee überdies binnen weniger Stunden.
In Berlin wird derzeit nach Auskunft der Energieleitstelle jede ins Stromnetz eingespeiste Kilowattstunde mit rund 17 Pfennig vergütet. Im Rahmen des „Modernisierungs- und Instandsetzungsprogramms“ fördert das Land Berlin den Einbau von Solaranlagen bei Altbauten mit bis zu 70 Prozent der Investitionskosten, die Obergrenze liegt bei 25.000 Mark je Wohnung. Künftig sollen in allen Neubauten mit zentraler Warmwasserbereitung 60 Prozent des Brauchwassers über Sonnenkollektoren erhitzt werden. Ein entsprechendes Gesetz wurde allerdings noch nicht verabschiedet.
Mit der „Solar-Tour '95“ reagiert Greenpeace auch auf die Auflösungserscheinungen der Solaranlagen-Produktion in Deutschland. Bereits 1993 hat „Siemens Solar“ die Produktion seiner Solaranlagen in die USA verlegt. Zum Jahresende will die „Angewandte Solarenergie GmbH“ (ASE) nach Übersee folgen und ihre letzte Produktionsstätte im schleswig-holsteinischen Wedel schließen. Damit ist die Solaranlagen-Produktion in Deutschland beendet. Nun sucht Greenpeace Investoren für eine neue Solarfabrik. Laut einer Greenpeace-Studie ließe sich bereits mit 13,5 Millionen Mark eine rationelle Fertigung von Solaranlagen aufbauen. Auf den deutschen Dächern ließe sich rund ein Drittel des Stromverbrauchs per Solaranlagen gewinnen, so Schunk.
Die Solaranlage „Cyrus“ samt Ausstellung kann bis heute abend am Alexanderplatz nahe dem Fernsehturm besichtigt werden.
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