Blechen für das teure Blech

■ Im Oktober verloren nicht nur die Bäume ihre Blätter, sondern auch 11.000 Berliner ihre Autos: Die abgeschleppten Kisten bringen drei Millionen in die Landeskasse

Der Finanzsenator und Abschleppunternehmen können sich die Hände reiben: Im Oktober wurde mit 11.000 abgeschleppten Autos der bisherige Jahresrekord aufgestellt. Im Schnitt landeten pro Werktag 388 Wagen am Abschlepphaken. Das macht fast 100.000 Mark pro Tag. Denn wer seine Kiste da abstellt, wo sie nicht stehen darf, muß mindestens zweihundert Mark zahlen – plus Bußgeld.

Meint jemand seinen Wagen in der Dunkelheit besser ordnungswidrig abstellen zu können, wird der Spaß teurer. An Wochenenden und Feiertagen sind gar 240 Mark fällig. Auch die Größe des Autos treibt den Preis nach oben. Wer einen Kombi oder Transporter von mehr als 2,8 Tonnen Blech an einem unerlaubten Ort abstellt, muß 350 Mark blechen. Geschieht das Unheil des Nachts, beläuft sich der Wochenend-Abschlepptarif auf satte 420 Märker. Auch wenn das Auto im letzten Moment vom Haken heruntergeholt werden kann, wird zur Kasse gebeten. Bestellt ist bestellt. Im Oktober waren es fast fünfhundert Fahrer, die ihren Wagen für kurze Zeit von unten betrachteten und dafür 127 Mark zahlen mußten.

Der große Abschleppkuchen ist genau aufgeteilt: Die etwa drei Millionen Mark, die im letzten Monat auf Bußgeld- und Abschleppbescheide gedruckt wurden, gehen erst in einen gemeinsamen Topf, so Thomas Gayda, Pressereferent der Senatsverwaltung für Finanzen. Nach einmal kräftig Umrühren gehen die Abschleppgebühren an die Abschlepper mit den Eisenhaken, und die Bußgelder streicht der Finanzsenator ein.

Die Polizeistatistik vom Oktober ergab, daß nicht alle Tage im tristen Herbstmonat gleich waren. Am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, wurden nur 176 Falschparker erwischt. Am 31. Oktober dagegen, dem Reformationstag, wurden dreimal so viele registriert. Doch dieser deutliche Unterschied erklärt sich nicht etwa mit politischen oder kirchlichen Gründen. Es sind die konträren Konsummöglichkeiten an diesen beiden Tagen. Am Tag der Deutschen Einheit war sowohl in Berlin als auch in Brandenburg Feiern angesagt. Am Reformationstag dagegen verließen viele, viele Brandenburger ihre Dörfer, die im Feiertagsschlaf lagen, um ihr Outfit in den geöffneten Geschäften der Hauptstadt zu reformieren.

Es gibt Straßenzüge, die eine magische Anziehungskraft auf Autofahrer zu haben scheinen. Dazu gehörten im Oktober die absoluten Halteverbotszonen am Kaiserdamm und an der Bismarckstraße. 2.800 Falschparker gingen der Polizei dort in die Falle und den Abschleppunternehmen an den Haken. Nicht weniger attraktiv war die Potsdamer Straße. 2.500 Autos machten es sich dort unerlaubterweise bequem. Auch die Neuköllner Hermannstraße lag nicht schlecht im Rennen. Immerhin fast 1.700 Fahrer ignorierten absolute Halteverbote oder parkten ganz frech an Kreuzungen und Ecken. Barbara Bollwahn