Nummer 772 hat „Hetzjagd durch kleine Haie“ satt

■ Nach dem Präsidenten-Rücktritt: Vor dem heutigen Champions-League-Spiel gegen Amsterdam muß Real Madrid mit Turbulenzen, doch ohne Mendoza leben

Madrid (taz) – Mit dem Vorsitzenden Ramón Mendoza hat der spanische Traditionsverein Real Madrid 26 Titel in Fußball und Basketball gewonnen. Bei den meisten Erfolgen saß der Präsident auf der Ehrentribüne und sah zu. Heute aber, beim wichtigen Champions-League-Spiel gegen Ajax Amsterdam, wird er dort nicht mehr Platz nehmen. Mendoza (68) sagt, er habe „die Hetzjagd durch kleine Haie satt“, ist zurückgetreten und fortan wieder das einfache Mitglied mit der Nummer 772. Die Schuldenlast des spanischen Meisters und das schwindende Vertrauen an der Vereinsbasis ließen ihm nach knapp elfjähriger Amtszeit keine andere Wahl.

Statt wie versprochen mit Gewinn, schloß Real auch das letzte Geschäftsjahr mit 2,5 Millionen Mark Verlust ab. Der Verein steht somit mit insgesamt 150 Millionen Mark in den Miesen, 70 Millionen davon entstammen der Stadionerweiterung. Der Umbau des Bernabeu-Tempels mit integrierter Ladenzeile wurde am Ende doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Den Club wähnen viele nur noch knapp vom Bankrott entfernt. Die Delegiertenversammlung zog Ende Oktober aus den vielen finanzpolitischen Debakeln ihre Schlüsse und stimmte gegen den Geschäftsbericht von Mendoza. Der Vorstand war damit nicht entlastet, dafür der Skandal perfekt.

Die Mannschaft soll auch ohne Mendoza zusammenbleiben, plant Lorenzo Sanz Mancebo. Der vormalige Vizepräsident steigt eins auf und will zunächst erst einmal die verbleibenden drei Jahre der Legislatur zu Ende bringen. Das ist ein Programm, das er durchaus Regierungspräsident González abgeschaut haben könnte.

Voraussetzung ist allerdings, daß ihm die Basis nicht die rote Karte zeigt. Schon am Sonntag könnte es soweit sein. Dann nämlich muß eine erneute Delegiertenversammlung über die gleichen Kassenbücher abstimmen, die Mendoza zur Niederlage verhalfen. Florentino Pérez, der Oppositionsführer im Verein, sammelt derweil Unterschriften für vorgezogene Neuwahlen. Im Februar war er Mendoza nur knapp unterlegen.

Bei der Basis des gebeutelten Clubs kommt Florentino gut an. Dafür sorgen seine Versprechen, mit den Schulden wirklich aufzuräumen, und – fast noch wichtiger – ein Referendum, in dem die Basis die Vereinsstatuten dahingehend ändern soll, daß eine Umwandlung des Vereins zur Aktiengesellschaft ein für allemal ausgeschlossen bleibt. Die Weißen vom Bernabeu sollen somit auch weiterhin zum erlauchten Kreis derer gehören, die nicht AGs sind und damit Coupon um Coupon zu kaufen. Der ewige Konkurrent FC Barcelona, Athletic Bilbao und der Zweitligist Osasuna Pamplona sind die anderen drei. Reiner Wandler