: Keine Chance für „Charleys Tante“, Klappe, die zweite
■ Drehbuchautor ist hierzulande kein richtiger Beruf. Noch nicht. Der „Master School Drehbuch“-Kurs der Filmboard GmbH will jetzt Abhilfe schaffen und nebenbei auch europäische Produzenten erziehen
Der Mangel an guten Drehbüchern hat immer kuriosere Folgen: Offensichtlich in einem Zustand akuter Verzweiflung gab der Filmproduzent Bernd Eichinger jetzt bekannt, daß er zwölf „populäre deutsche Spielfilme“ aus den 30er, 40er und 50er Jahren neu verfilmen wolle. Zu diesen Klassikern gehören u.a. „Die Halbstarken“, „Charleys Tante“ und „Der Schatz im Silbersee“. Brauchen wir das?
Herrn Eichinger soll jetzt geholfen werden. Als hätte er die Meldung vorausgeahnt, bat Prof. Klaus Keil, Geschäftsführer des Filmboard Berlin-Brandenburg, aus ernstem Anlaß vor wenigen Tagen zu einem Pressegespräch: Drehbuchautor ist in diesem Land kein richtiger Beruf. Entweder ist man ein Autor, und dann muß man auch gleich den Film selbst drehen, oder der Regisseur ist ein Autor, und dann darf das Drehbuch gleichsam nur die Folie liefern, über die der Regisseur seine Autorenschaft legt – was seit etlichen Jahren schiefgeht.
Die Filmboard GmbH hat bereits eine Reihe von Drehbuchseminaren veranstaltet, die auf Anfänger zugeschnitten waren. Jetzt soll eine zweite Stufe gezündet werden: Im März 1996 beginnt die „Master School Drehbuch“ unter der Leitung von Oliver Schütte. Gedacht ist sie für Drehbuchautoren, die bereits ein Drehbuch geschrieben haben und beim zweiten plötzlich merken, daß sie kein Experiment mehr unternehmen, sondern einen Beruf ergriffen haben. Die Aufnahmebedingungen sind entsprechend: Abgesehen von zwei Ausnahmen dürfen sich nur Autoren oder Autorenteams bewerben, die schon einen Produzenten gefunden haben. Die „Master School“ dient nämlich nicht nur der handwerklichen Ausbildung von Drehbuchautoren, auch bei den Produzenten soll Erziehungsarbeit geleistet werden. Der Produzent stellt den Aufnahmeantrag, reicht ein drei- bis fünfseitiges Exposé seines Schützlings ein (Vorsicht! Adaptionen werden nicht akzeptiert. Es muß ein Originalstoff sein), bezahlt 10.000 Mark Teilnahmegebühr und soll an insgesamt vier Besprechungstagen anwesend sein. Man kann nur inbrünstig hoffen, daß nicht zu viele Bewerbungen an Produzentenfaulheit scheitern.
Dramaturgisch beraten von James Nathan, Don Bohlinger (beide von der University of Southern California) und Wolfgang Kirchner („Das Spinnennetz“), sollen die Autoren dann über acht Monate ihr Drehbuch fertig schreiben. Spätestens dann wird es Zeit für eine „Master School Regie“. Anja Seeliger
Bewerben können sich europäische Produzenten und ihre Autoren bis 31.12.: (0331) 7212886
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