: Nationale Türken verlangen Förderung
■ „Türkischer Zentralverband“ schließt Rechtsextreme aus und beantragt staatliche Gelder
Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Brandanschlag auf den Gröpelinger Verein „Türk Ocagi“ (Türkische Gemeinschaft), hat der staatsnahe „Türkische Zentralverband“ in Bremen diese Organisation aus ihren Reihen ausgeschlossen. Zusammen mit der ebenfalls ausgeschlossenen „Marßfelder Junus Emre Moschee“ gehört Türk Ocagi dem Verband ATIB (Einheit der islamischen Türken in Europa) an. ATIB war 1978 als Abspaltung der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ gegründet worden und stand seitdem unter dem Verdacht, in Bremen als Organisation rechtsextremer türkischer Nationalisten zu dienen. Der Sitz von Türk Ocagi in einem Bauernhaus in Gröpelingen war in der Nacht zum 28. November 1994 von unbekannten Tätern in Brand gesetzt worden. Vier deutsche NachbarInnen waren dabei nur durch Zufall den Flammen entkommen. Polizei, Verfassungsschutz und der türkische Honorargeneralkonsul Karl Grabbe hatten damals sofort radikale Kurden als Täter im Verdacht. Schließlich war der Anschlag zum ersten Jahrestag des PKK-Verbots geschehen, gleichzeitig hatte es auch in anderen Städten Anschläge auf türkische Einrichtungen gegeben.
Offiziell nennt der Vorstand des Türkischen Zentralverbandes nur formale Gründe für die am Donnerstag beschlossenen Trennung. Mitgliedsbeiträge seien nicht bezahlt und Vorstands-Beschlüsse nicht befolgt worden. Auf Nachfrage wird der Vorsitzende des Türkischen Zentralverbandes, der Bremer Konsulats-Mitarbeiter Aydin Findikçi jedoch deutlicher: „Das sind opportunistische Vereine, die ihre soziale Arbeit nur machen, um politisch zu indoktrinieren.“ Sie seien zwar „nicht faschistisch“, für die Interessen der türkischen Emigranten hätten sie sich jedoch „auch nicht richtig eingesetzt“.
Nach dem bei nur einer Gegenstimme getroffenen Abgrenzungsbeschluß erhofft sich der Türkische Zentralverband, in dem 19 Vereine mit rund 4.000 Mitgliedern zusammengeschlossen sind, nun Zugang zu staatlichen Fördermitteln. „Es gibt jetzt keinerlei Grund mehr, uns in die Nähe der Grauen Wölfe zu rücken“, meint der Vorsitzende Aydin Findikçi und fordert „Gleichbehandlung mit dem DAB“. Dieser nationenübergreifende „Dachverband der Ausländerkulturvereine in Bremen“ wird im Jahr mit rund 550.000 Mark aus Haushaltsmitteln für Ausländerintegration gefördert. „Wir wollen für 1996 die Hälfte dieser Summe beantragen“, kündigt Findikçi an.
Ab Januar hat der Türkische Zentralverband für 5.000 Mark Monatsmiete Räume im Steintor angemietet, „mindestens zwei Stellen“ und die Herstellung einer Zeitschrift sollen vom Land Bremen finanziert werden, fordert der Vorsitzende. Bereits 1993 hatte die CDU in der Bürgerschaft die Einrichtung eines Haushaltstitels für den Türkischen Zentralverband beantragt, dies 1994 allerdings nicht wiederholt. „Eine institutionelle Förderung für den Türkischen Zentralverband steht überhaupt nicht auf der Tagesordnung“, wehrte am Freitag der zuständige Mitarbeiter der Ausländerbeauftragten, Ansilm Dworak, ab. Institutionelle Förderung gebe es in Bremen nur für den DAB als „interkulturelle Organisation“. Würde dieses Prinzip nun durch Förderung des Zusammenschlusses einer einzigen Nationalität durchbrochen, „wäre das keine Erleichterung für unsere Integrations-Arbeit“, so Dworak. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen