piwik no script img

■ QuerspalteSpargel bei Adolf

Nehmen wir an, Sie haben die „Weinstraße“ bereits vor Stunden verlassen und auch schon die „Märchenstraße“ hinter sich. Jetzt rumpelt ihr Kraftfahrzeug über eine der in Ostdeutschland unvermeidlichen „Alleenstraßen“. Da taucht plötzlich das Schild „Spargelstraße“ auf. „Spargelstraße“? War das nicht irgendwo in Baden? Aber hier ist Brandenburg. Vergessen Sie Falk-Plan und Shell-Atlas! Denn hier rund um Potsdam gibt es jetzt auch eine „Spargelstraße“ – nämlich die „Brandenburger Spargelstraße“. Der Verein Beelitzer Spargel e.V. hat dafür gesorgt, daß die Bundesstraße B 246 in der Region Beelitz (Potsdam-Mittelmark) entsprechend benannt wird.

Und ausgedacht haben sich das die Tourismusexperten der Universität Hannover. Weiß der ADAC schon, daß dort in der niedersächsischen Hauptstadt emsig weitere Konzepte ausgeheckt werden? Zum Beispiel die „Currywurststraße“, die parallel zur „Döner-Kebap-Straße“ vom Berliner Stadteil Charlottenburg in den Prenzlauer Berg führen wird? Oder die „Grünkohl-mit-Pinkel-Straße“ rund um Bremen und Bremerhaven? Die „Zimtsternstraße“ zwischen Nürnberg und Aachen mit Lebkuchenhäusern an jedem Parkplatz?

Von politischer statt gastronomischer Kultur zeugen hingegen Umbenennungsaktionen, die zu gleicher Zeit von den Nachrichtenagenturen gemeldet wurden: In Belgrad hat sich die größte staatliche Tankstelle in „Dayton“ umgetauft – zu Ehren der Stadt im US-Bundesstaat Ohio, in der der Bosnien-Friedensvertrag unterzeichnet wurde und in Erwartung frischen Sprits. Und im argentinischen Buenos Aires ist ein Platz nach der Comicfigur „Mafalda“ benannt worden, die vor 30 Jahren der Zeichner Quino erfand. „Mafalda“ ist ein aufmüpfiges Schulmädchen, das bissige Kommentare über die Erwachsenenwelt von sich gibt.

So locker sind wir hierzulande in zehn Jahren noch nicht, denken wir und rauschen in Eberswalde (Brandenburg) an einer Frittenbude mit dem schönen Namen „Adolf's Snack“ vorbei. Philip Kahle

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen