: Schluß mit dem Gießkannenprinzip
■ Das neue Förderungskonzept des Deutschen Sportbundes (DSB) orientiert sich weit mehr an der bei Olympischen Spielen erbrachten Leistung als seine Vorläufer
Berlin (taz/dpa) – In den vielen Jahren des kalten Sportkrieges war es im westlichen Teil des deutschen Landes eine ausgemachte Sache, daß das Sportförderungskonzept der DDR im höchsten Maße verwerflich sei. Gefördert wurden dort nur Sportarten, bei denen sich die Staatsführung prestigeträchtige Olympiasiege ausrechnete, die anderen Verbände konnten sehen, wo sie bleiben. In der BRD pflegte man eher das „Gießkannenprinzip“, was einigermaßen funktionierte, solange genügend Geld zur Verfügung stand.
Das ist inzwischen nicht mehr der Fall, und schon wandelt die Sportführung emsig auf den Spuren der verblichenen DDR. Mit dem Beschluß des „Förderkonzeptes 2000“, das bei der Tagung des Hauptausschusses des Deutschen Sportbundes (DSB) in Bonn am Samstag zur Abstimmung steht, sollen die Verteilungskämpfe um die zur Verfügung stehenden 68 Millionen Mark zur Förderung der deutschen Sportverbände abgeschlossen werden. Da das neue Konzept nicht in allen Verbänden unumstritten ist, stehen vor der Entscheidung bei der Ständigen Konferenz der Spitzenverbände sowie bei der Tagung der nichtolympischen Sportverbände allerdings noch heftige Debatten ins Haus.
„In Zeiten knapper werdender Mittel muß endlich Schluß gemacht werden mit dem Gießkannenprinzip“, sagt kategorisch DSB-Vizepräsident Ulrich Feldhoff, gleichzeitig Vorsitzender des Bereiches Leistungssport (BL) im DSB. Die Konzeptionen, die Förderungsrichtlinien von 1987 zu revolutionieren, basieren ausschließlich auf Erfolg. Auf die simple Kurzformel gebracht: Wer gewinnt, kassiert. Wer verliert, muß zurückstecken.
Zugrunde gelegt werden sollen künftig vier Fördergruppen in Einzelsportarten, deren drei für Mannschaftssport-Disziplinen. Nach einer Plazierungsskala von 1 bis 10 bei Olympischen Spielen und den letzten vorolympischen Weltmeisterschaften würde künftig über die Verteilung der Töpfe für die nächsten vier Jahre entschieden. Die Handballer und Eishockeyspieler müßten danach für die Förderstufe eins beispielsweise die Plätze 1 bis 6 bei Olympia erkämpfen, bei den Handball- oder Hockey-Frauen ist dafür jedoch mindestens Platz vier erforderlich. Für Verbände ohne internationale Spitzenplazierung blieben künftig nur noch die Fördergruppen drei (Grundförderung) oder vier (punktuelle Förderung), die eine ausschließliche Nachwuchsförderung bedeuten. Mit anderen Worten: Wer einmal durch das Sieb gefallen ist, dürfte große Schwierigkeiten haben, wieder nach oben zu kommen.
„Verbände und Disziplingruppen nur nach Medaillen und Plätzen einzustufen, ist sehr problematisch. Allerdings ist es natürlich noch schwieriger, andere Bewertungskriterien zu erarbeiten“, meinte Helmut Digel, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). „Wir tragen das Konzept als klares Gebot der Vernunft mit.“ Begrüßt werden die neuen Richtlinien vor allem von kleinen, aber überaus erfolgreichen Verbänden wie der Deutschen Eisschnellauf-Gemeinschaft (DESG). „Von uns aus könnte die Sache sogar noch einen Schritt weiter gehen und die Vergabe der Gelder auch an klare Olympia-Zielstellungen gebunden werden“, meinte DESG-Diagnose-Trainer Hemar Gröbel.
Naturgemäß weniger begeistert sind Verbände, bei denen Olympia-Medaillen Mangelware sind. Doch in der Kritik etwa des Deutschen Turner-Bundes (DTB), der unter anderem fordert, der Nachwuchsförderung einen Sockelbetrag zur Verfügung zu stellen, sieht Feldhoff keine Gefährdung des Grundmodells: „Ich sehe nicht, daß im Hauptausschuß unser Konzept noch kippen könnte.“
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