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Saftloses Sahnebübchen

■ Hugh Grant als werdender Vater in „Nine Month“

Picknick, Sex und Sekt am Strand, das war einmal mit Bill und Hillary. Bei Regisseur Chris Columbus herrscht im Geiste schon Newt Gingrich. Mit seinem Film „Nine Months“ liefert der Spezialist für Kinderkacke („Kevin – allein zu Haus“, „Mama, ich und wir zwei“, „Mrs. Doubtfire“) jetzt den definitiv ununterbietbaren Aufguß des Sie-will-Kind-er-nicht-Dilemmas. Immerhin schafft es Columbus („Mein Film zeigt, wieviel Spaß es macht, Kinder und Familie zu haben“) nicht, Julianne Moore als Dummchen mit bravem Pony zum rothaarigen Doris-Day-Double zu stylen.

Weil Ehemann Samuel (Hugh Grant) das Blag nicht will, zieht Rebecca (Julianne Moore) zu ihren Freunden Gail (Joan Cusack) und Gatte, denn bei denen ploppen die Kindlein sozusagen aus allen Poren. (Cusack: „Meine Rolle einer Frau, die ihre Schwangerschaften richtig aufregend findet, vermittelt so viel Frische und Lebensfreude“). Derweil klimpert Hughie allein zu Haus mit den Äuglein, zieht Grimassen und tut so süüüß, daß man nur noch mit dem Panzer durch die Leinwand brettern möchte. Kaum zu glauben, daß das saftlose Sahnebübchen zu Oxforder Studentenzeiten die heißeste Drag-Queen der schwul-schwülstigen Piers Gaveston Society abgab, als Lustknabe im Leopardenfellchen durch die Nächte schwoofte. In „Nine Months“ nimmt man ihm nicht mal mehr den Klammerblues mit Baby ab. Asexuell und affektiert.

Einziger Kerl der Kitschklamotte ist Jeff Goldblum als Samuels Kumpel Sean. Noch der winzigste Auftritt des Beaus mit dem Brustpelz hat mehr Sex als hundert Horden Hughies zusammen. Immerhin, in einer Szene hat der Blow-Job des Jahrhunderts dramaturgischen Effekt. Denn nach Hugh Grants ausgelutschtem Intermezzo in einer Seitenstraße wirkt es nicht mehr ganz so harmlos, wenn sich eine von Gails Gören unter der Bettdecke des dösenden Samuel zu schaffen macht. Einziger frivoler Schlenker in neun zähen Monaten.

Immer wieder hofft man insgeheim auf eine Frühgeburt. Wenn's soweit ist, darf Robin Williams als vormals rattenzüchtender Gynäkologe Dr. Kosevich Hand anlegen. Und endlich hält das rotbackige Puppenstubenpaar sein Milupa-Bobbelchen in Händen. Jetzt helfen nur noch Gedanken an fünfbeinige oder dreiarmige Babies. Auch ein handverlesener Videoabend könnte Linderung verschaffen. Empfehlung zum Einstieg: „Rosemary's Baby“, dann die kleinen Teufelchen aus „Omen“ I und II. Weiter mit „Kind des Satans“, dann „The children – Kinder des Todes“. Entspannender Abschluß: „Child's play – die Mörderpuppe“ I, II und III. Katja Nicodemus

„Nine Months“ von Chris Columbus. Mit Hugh Grant, Julianne Moore u.a. USA 1995, 103 Min.

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