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Meiler für Treuhand-Ladenhüter

Für fünf Milliarden Mark entsteht bei Leipzig ein 1.600-MW-Braunkohlekraftwerk, damit die Mitteldeutsche Braunkohle AG ausgelastet ist  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Ein neuer Energiegigant entsteht in Lippendorf bei Leipzig. Die Berliner Vereinigte Energiewerke (Veag) und ein Konsortium von Bayernwerk, Badenwerk sowie Energieversorgung Schwaben legten gestern den Grundstein für eine Fünf-Milliarden-Investition. Ab der Jahrtausendwende soll das Braunkohlekraftwerk mit zwei 800-Megawatt- Blöcken Strom liefern. Ein Meiler wird an das ostdeutsche Stromnetz angeschlossen. Der zweite soll Baden-Württemberg und Bayern versorgen – das Absatzgebiet des Konsortiums. Über eine 15 Kilometer lange Fernwärmeleitung bezieht Leipzig künftig rund 60 Prozent seines Wärmebedarfs. Durch Kraft-Wärme-Koppelung wird ein energetischer Wirkungsgrad von 42 Prozent erreicht.

Das auf einer Industriebrache entstehende Kraftwerk löst die in den siebziger Jahren errichteten Dreckschleudern (Alt-)Lippendorf und Thierbach ab. Auf der Baustelle werden nach Veag-Angaben bis zu 3.000 Arbeiter beschäftigt sein. Langfristig sollen das Kraftwerk und die vorgeschalteten Tagebaue 5.000 Arbeitsplätze in der Region sichern.

Der Mitteldeutschen Braunkohle AG (Mibrag) garantiert dieses Werk das Überleben mit einer jährlichen Mindestfördermenge von 10 Millionen Tonnen. Beim Verkauf des Treuhand-Ladenhüters Mibrag an ein US-amerikanisches Konsortium war der Bau des Kraftwerkes per Vertrag vereinbart worden. Wäre es gekippt worden, hätten die Käufer aus dem Vertrag aussteigen können. Die Energieriesen haben ausgehandelt, daß die Mibrag 40 Jahre lang Lippendorf mit Kohle füttert. Große Unbekannte in der Rechnung ist die 320 EinwohnerInnen zählende Gemeinde Heuersdorf auf dem Gelände des Tagebaues „Vereinigte Schleenhain“.

Bleibt Heuersdorf stehen, reicht die Kohle aus diesem Loch nur 36 Jahre. Für die letzten vier Jahre soll der Ort geopfert werden. So rechnen Mibrag und Landesregierung. Die Gemeinde wehrt sich gegen das „ganz besondere Opfer im Interesse des Gemeinwohls“, wie sich der Veag-Vorständler August Wilhelm Eitz ausdrückt. Noch ist der Rahmenbetriebsplan für den Tagebau nicht bestätigt. Und genau wie im brandenburgischen Horno sind fast alle DorfbewohnerInnen fest entschlossen, sich nicht anbaggern zu lassen. Rückenwind bekommen sie vom Interessenverband Windkraft Binnenland (IWB): 1.000 Windräder in Sachsen könnten Lippendorf ersetzen und Heuersdorf retten. Auf einer IWB-Tagung stellten die Experten kürzlich eine Studie vor, nach der im windigen Sachsen bis zu 3.750 Megawatt (MW) Elektroenergie derart erzeugt werden könnten.

Mit Lippendorf stampft das ostdeutsche Stromunternehmen Veag sein drittes Neubaukraftwerk mit 800-MW-Blöcken aus dem Boden. Mit der Errichtung von sechs 800-MW-Blöcken an den Standorten Schwarze Pumpe und Boxberg, im Lausitzer Revier sowie der Modernisierung weiterer acht 500-MW-Blöcke summiert sich der Kraftwerkspark auf 8.000 MW. Veag-Vorstand Eitz weiß um die Kritik für diese gigantische Verheizung fossiler Brennstoffe von seiten der ostdeutschen Stadtwerke. „Ernsthafte“ Gefahren drohten der Kohleverstromung außerdem durch die „im politischen Raum geforderte Energiesteuer“, moniert er.

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