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Bonner Parlamentarier wollen kein Blut für Öl

■ Bundestag spricht sich einstimmig für einen Boykott von Erdöl aus Nigeria aus

Bonn (taz) – Einstimmig hat der Bundestag gestern die Bundesregierung aufgefordert, sich für einen Boykott von Erdöl aus Nigeria einzusetzen. In ihrem Antrag kritisierten die Abgeordneten unisono die Politik des seit 1993 in Nigeria herrschenden Militärregimes, das vor wenigen Wochen neun Oppositionelle – darunter den Schriftsteller und Ogoni-Aktivisten Ken Saro-Wiwa – hatte hinrichten lassen. Mit dem Beschluß wird der Druck auf die Bundesregierung verstärkt, in der EU für Sanktionen zu kämpfen. Bisher hatte Außenminister Klaus Kinkel vergeblich versucht, einen Ölboykott durchzusetzen. Im Auswärtigen Amt hieß es nach der Entscheidung, Kinkel werde sich bei dem nächsten Treffen der EU am Montag erneut für einen Boykott stark machen. Ein Alleingang Deutschlands wird im Auswärtigen Amt nicht in Erwägung gezogen. „Darüber kann man erst nach dem Treffen am Montag nachdenken“, sagte eine Sprecherin.

In der Debatte hatte die SPD-Abgeordnete Ingrid Becker-Inglau darauf verwiesen, daß es drei Wochen gedauert habe, bis sich der Bundestag überhaupt mit dem Thema beschäftigt habe. In der Tat war zunächst der Versuch gescheitert, einen interfraktionellen Antrag zur Menschenrechtssituation in Nigeria einzubringen. Daraufhin haben sowohl SPD und Bündnisgrüne als auch die Regierungskoalition ein eigenes Papier formuliert. Am Donnerstag abend einigten sich die Fraktionen schließlich auf eine gemeinsame Formulierung. Christa Nickels (B90/ Grüne) warf der Bundesregierung vor, zu lange auf „stille Diplomatie“ gesetzt zu haben. Der FDP-Abgeordnete Roland Kohn nannte die Ermordung der nigerianischen Oppositionellen „einen brutalen Schlag gegen die Menschenrechte“.

In der EU lehnten bisher vor allem die Niederlande und Großbritannien Sanktionen ab. Die EU bezieht 39 Prozent des nigerianischen Erdöls. Karin Nink

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