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: Wieder Entlassungen bei „Libération“

Jeder vierte fliegt raus. Das ist die Quintessenz der angekündigten Sanierung der Pariser Zeitung Libération. Den Plan von Serge July, Gründer und ewiger Direktor des Blattes, hält der Betriebsrat für „selbstmörderisch“. Es sei unmöglich, weiterhin dieselbe Zeitung zu machen, wenn 95 Leute, darunter 63 Journalisten, entlassen würden. Falls July heute keinen neuen Plan vorlegt, will die Belegschaft der einstigen linksradikalen Tageszeitung in den Streik treten.

Libération werde, wenn alles so weitergehe, bis 1996 ein Defizit von 240 Millionen Franc (70 Millionen Mark) angehäuft haben, rechnete July der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung vor. „Ohne das massive Eingreifen einer oder mehrere Finanzpartner“ müsse Libération Konkurs anmelden, erkärte July. Die Sanierung des Blattes – wozu neben den Entlassungen ein neues Computersystem, Layoutänderungen, eine Werbekampagne und Marktstudien gehören sollen – wird nach seiner Prognose rund 70 Millionen Franc (22 Mio. Mark) kosten. Diese Summe werde zu einem großen Teil der französische Mischkonzern Chargeurs (Textilien, Unterhaltung) übernehmen, der bereits jetzt 12 Prozent der Aktien hält.

Betriebsrat und Journalisten des Pariser Blattes, das einst zu den Vorbildern der taz-Gründergeneration gehörte, nennen das den „Ausverkauf“ an die Investoren. Zwar habe die Zeitung eine Sanierung dringend nötig. July gehe es aber mit seiner Entlassungswelle vielmehr darum, Libération vor dem Verkauf zu „säubern“.

Bereits im vergangenen April hatte das Unternehmen 110 Mitarbeiter entlassen. Sie waren 1994 – meist mit befristeten Verträgen – eingestellt worden, um eine große Blattreform zu starten, die dann jedoch scheiterte. Die Zeitung hatte dabei zwar ihre Seitenzahl auf 80 verdoppelt, den Vierfarbdruck und eine illustrierte Beilage für die Samstagsausgabe eingeführt. Doch weder die damals angestrebte Kapitalaufstockung noch der Auflagensprung von 170.000 auf die angestrebten 200.000 Exemplare gelangen, die Seitenzahl wurde wieder reduziert.Dorothea Hahn, Paris