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Mit Blues nach Bosnien

Werbefeldzug für den Einsatz in Bosnien: US-Präsident Bill Clinton besucht die 1. US-Panzerdivision in der Pfalz, die im Dezember nach Tuzla abrückt, um den Vertrag von Dayton zu sichern  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Baumholder (taz) – Die schmale schwarze Hand mit den rotlackierten Fingernägeln und dem Halbkaräter am Ringfinger, die US-Sergeant Lisa Washington zum militärischen Salut an die Schirmmütze hochschnellen läßt, zittert. Auge in Auge mit Bill Clinton, dem Präsidenten und Oberkommandierenden aller US- Streitkräfte, vor dem Wagon-and- Wheel-Theater in der US-Community Baumholder in der deutschen Pfalz.

Und Lisa Washington, die Veteranin aus dem Golfkrieg, die dabei war, als ihr Regiment in einer achtstündigen Schlacht in der Wüste „mehr als vierhundert feindliche Panzer kampfunfähig gemacht hat“ (Clinton), kämpft danach mit den Tränen. Die mit viel Blech bewaffnete Hausband der 1. US-Panzerdivision intoniert die Hymne der Nation – begleitet von 21 Salutschüssen für den Präsidenten aus einer Selbstfahrhaubitze. Die rechte Hand von Soldatin Lisa Washington ruhte da wie die Hand von Bill Clinton auf dem Herzen: „Land of the free. And Home of the brave.“

Lisa Washington ist an diesem Sonnabend in Baumholder eine der auserwählten 4.300 SoldatInnen der 1. Panzerdivison, die den Präsidenten begrüßen darf. Die Division gehört zum ausschließlich in Europa stationierten 5. US- Corps (Victory Corps).

Aufmarschiert waren die GIs im Laufschritt und Blues-singend auf dem Platz vor dem Theater, wo ihr Präsident zu ihnen sprechen sollte. Fast alle kauten auf dem Gum herum und sangen rhythmisch: Let's-go-to-Hollywood. Bis Bill Clinton dann (verspätet) kam, rockte die Truppe in Kampfanzügen zu Musik aus den Lautsprechern: „Born in the USA.“ Was für ein Unterschied etwa zum Großen Zapfenstreich der Bundeswehr.

„Let's go to Hollywood.“ „That would be nice“, sagen die GIs. Doch sie wissen alle, daß sie nicht nach Hollywood, sondern nach Bosnien müssen. Zehn Brigaden der 1. Panzerdivison rücken noch vor Weihnachten ab nach Tuzla. Dort werden sie als Teil der multinationalen Friedenstruppe überwachen, ob die Vereinbarungen von Dayton eingehalten werden. Viele der GIs waren sauer, denn erst vor wenigen Tagen kamen sie vom Einsatz für die UNO aus Mazedonien nach Baumholder zurück. An der Grenze zu Serbien/ Montenegro haben sie – ausgestattet mit blauen Helmen – versucht, das von der UNO verhängte Embargo gegen Belgrad zu garantieren. Eine „von Gott verlassene Region der Erde“ sei der Balkan, sagt Sergeant John Pollock. Und jetzt wieder dorthin? Und das auch noch im Winter.

Der Präsident packt die GIs an der Ehre. Clinton erinnert die SoldatInnen an die „Heldentaten“ des 5. Corps im 2. Weltkrieg, als die Truppe als Teil der alliierten Streitkräfte in der Normandie (Omaha Beach) landete und sich bis Leipzig durchkämpfte (Torgau). Im Golfkrieg hätten sie, die SoldatInnen der US-Armee, dann die Unterstützung durch andere Nationen gebraucht und auch bekommen. Jetzt brauche das geschundene Bosnien die Hilfe der US-amerikanischen GIs. Und Bosnien werde diese Hilfe auch bekommen, versprach Clinton. Da zollen die GIs ihrem Präsidenten wieder brav Beifall. Und mit einem „Yeah!“ aus 4.300 Kehlen unterstrichen sie kollektiv ihren Einsatzwillen. Es sei gut gewesen für die Moral der Truppe, daß der Präsident den Weg nach Baumholder gefunden habe, sagte Sgt. Pollock danach. Beruhigt habe sie alle die klare Aussage von Clinton, daß sie sich in Bosnien gegen Angreifer aus allen Lagern verteidigen dürften. Das sei der entscheidende Unterschied zu den Blauhelmeinsätzen der Vergangenheit: „Wir wollen nicht die Geiseln eines Warlords auf dem Balkan werden. Der Frieden kann von uns nur mit der Waffe in der Hand garantiert werden.“ Und Sgt. Pollock errinnerte an den Wahlspruch des 5. Corps: „It will be done!“

Bill und Hillary Clinton saßen da schon mit der „einfachen Soldatenfamilie Anderson“, den beiden Oberkommandierenden der US- Streitkräfte in Europa und mit Bundeskanzler Helmut Kohl in der Iron Mess Hall der Community zu Tisch: Chicken-soup, Roast- beef, Turkey and Yellow Cake. Drei GIs dagegen saßen bei „Pizza Hut“ und orderten eine Kanne Bier, um auf den Präsidenten anzustoßen. Clinton sei zwar ein gottverdammter Kriegsdienstverweigerer, aber auch ein gottverdammt guter Präsident. Noch nie zuvor nämlich habe sich ein US-Präsident in Baumholder bei den ruhmreichen Old Ironsides blicken lassen: „Prost Billy! Prost Germany! Prost Bosnia!“

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