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Frankophoner Gipfel drückt sich um Nigeria

■ Zurückhaltende Töne beim Gipfel der französischsprachigen Länder der Welt in Nigerias Nachbarland Benin: „Wir können uns unsere Nachbarn nicht aussuchen“

Berlin (taz) – Unterstellt man dem Begriff „Resolution“ seine Wörterbuch-Bedeutung als „Äußerung, die Entschlossenheit zum Ausdruck bringt“, dann haben die französischsprachigen Länder der Welt zum Abschluß ihres Gipfeltreffens in Benin keine Resolution verabschiedet. Alle strittigen Punkte wurden vorher erfolgreich verwässert. So steht zu Nigeria gerade noch ein einziger Satz in der Abschlußerklärung, nämlich der, daß man das Land auffordere, ein demokratisches System zu schaffen und die Menschenrechte wiederherzustellen. Zu Ruandas Flüchtlingskrise wurde zwar eine internationale Konferenz gefordert, aber die Bedenken Ruandas dagegen stehen auch in der Schlußerklärung, so daß kein klarer Wille erkennbar ist. Algerien fiel gleich ganz weg, weil ein Aufruf zur Demokratisierung des Landes nicht auf Konsens stieß.

Warum soviel Zurückhaltung gegenüber Nigeria, das als anglophoner Außenposten mitten im französischsprachigen Afrika liegt? „Was wollen Sie denn?“ antwortete Benins Außenminister Edgard-Yves Monnou auf diese Frage bei der Abschlußpressekonferenz. „Wir können es uns nicht aussuchen, wo auf der Erde wir uns befinden. Wir können uns unsere Nachbarn nicht aussuchen. Wir müssen respektieren, wie Nigeria mit seinen inneren Problemen umgeht.“ Benin liegt direkt neben Nigeria, und vom Gipfelort Cotonou in die nigerianische Metropole Lagos sind es gerade 100 Kilometer Luftlinie. Wie viele Länder Westafrikas ist Benin stark von nigerianischem Öl und nigerianischen Verdienstmöglichkeiten für Wanderarbeiter abhängig. Nigeria ist wirtschaftlich so stark wie der Rest Westafrikas zusammen.

Auch UNO-Generalsekretär Butros Butros Ghali, der dem Treffen beiwohnte, sprach sich gegen Druck auf Nigeria aus. Nigeria sei wesentlich für die Stabilität Westafrikas, sagte er. Es stelle das Rückgrat der UN-gestützten westafrikanischen Friedenstruppe „Ecomog“ in Liberia, die sich gerade darauf vorbereitet, im Einklang mit dem Friedensvertrag vom vergangenen Sommer die Respektierung des Waffenstillstandes zu überwachen. Und in Liberia, sagte Butros Ghali, „sind mehr Menschen ums Leben gekommen als in Ex-Jugoslawien“. Der Frieden in Liberia könne nur halten, wenn Nigeria nicht von Westafrika isoliert sei. Noch stehe die „Ecomog“ aber nur in einem Drittel Liberias; zur Zeit wird die Bildung einer Pufferzone zwischen Charles Taylors „Nationalpatriotischer Front“ (NPFL), der wichtigsten bewaffneten Gruppe, und den sie bekämpfenden kleineren Nachbararmeen vorbereitet.

Kann man die mehreren hunderttausend Toten des Krieges in Liberia gegen die Unterdrückung in Nigeria aufrechnen? Der Frankophonie-Gipfel hat jedenfalls Nigeria viel sanfter behandelt als sein anglophones Gegenstück „Commonwealth“, das vor drei Wochen Nigerias Mitgliedschaft suspendierte. Amnesty international nannte die Haltung der Frankophonie eine „Beleidigung des nigerianischen Volkes“. Frankreichs Präsident Jacques Chirac versuchte, Brücken zu schlagen: „Wir sind lieber gemäßigt in unseren Äußerungen und dafür effektiver in unseren Taten“, sagte er. Nun darf man auf die Taten gespannt sein. Dominic Johnson

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