Unterm Strich

Meldung des Tages! Günter Grass wird seinen ersten Wohnsitz von Berlin nach Lübeck verlegen! Das gab der 68jährige Romancier am Mittwoch anläßlich seiner Eintragung in das Goldene Buch der Hansestadt bekannt. „Dies ist keine Entscheidung gegen Berlin, sondern eine Entscheidung für Lübeck“, formulierte Grass diplomatisch. Schon in wenigen Tagen will er sein Sekretariat, das bislang in seinem Berliner Haus untergebracht war, nach Lübeck verlegen. In einem „historischen Altstadthaus“ will Grass dann auch persönlich „dauerhauft Quartier beziehen“. Letzteres ist mit derart barocker, geradezu schelmenromanesker Sprachkraft formuliert, daß alle natürlich nur das eine denken ... Und da steht's auch schon geschrieben, im Lübeck-Pressedienst der gleichnamigen Hansestadt: Grass sucht die Nähe zu Thomas Mann und zu Willy Brandt, ein wenig auch das „Wiedererkennen des hansestädtischen Danzig“ im Lübecker Stadtbild. Lübecks Bürgermeister Michael Bouteiller (!) zeigte sich hocherfreut über den neuen Mitbürger: „Wir sind froh und stolz, den größten lebenden deutschen Schriftsteller jetzt bei uns zu haben“. Sprach's und überreichte Grass einen Zinnsoldaten in Lübscher Uniform und einen Bildband über historische Häuser in Lübeck.

Schwerer hat's Solschenizyn. Er kriegt nämlich seine Gesamtausgabe nicht. Wie die Moskauer Zeitung Iswestija am Mittwoch berichtete, hat der Verlag Wojenisdat, das ehemalige Verlagshaus der UdSSR-Streitkräfte, den seit Jahren gehegten Plan, Solschenizyn in 24 Bänden herauszugeben, gecancelt. Der Verlag hatte offenbar darauf gezählt, daß die Regierung mindestens eine Gesamtausgabe für jede der 20.000 Ortsbüchereien finanzieren würde. Weil es mit dem Leseland Rußland aber auch nicht mehr so weit ist, und Solschenizyn ja mittlerweile im Fernsehen predigt, sollte es bei der Finanzierung des ersten Bandes bleiben.