piwik no script img

Unterzeichnung des Dayton-Abkommens ist sicher

■ Schicksal der französischen Piloten soll bald geklärt werden. Rußlands Außenminister will die Ermittlungen gegen Serbenführer Karadžić „einfrieren“

Paris/Sarajevo (AFP/dpa/taz) – Das Bosnien-Friedensabkommen soll trotz des noch ungeklärten Schicksals der beiden französischen Piloten wie geplant am Donnerstag unterzeichnet werden. Frankreich hatte „Konsequenzen“ angedroht, falls die Piloten nicht bis Sonntag abend freigelassen wären. Präsident Jacques Chirac rief gestern führende Minister zu einer Sondersitzung zusammen. Frankreich werde sich aber erst zu den angedrohten Konsequenzen äußern, wenn „der Moment gekommen“ sei, sagte der Sprecher des Außenministerium, Jacques Rummelhardt. Die bosnischen Serben wollten nach Angaben des Verteidigungsministers von Restjugoslawien, Pavle Bulatović, noch gestern eine Erklärung zum Schicksal der Piloten abgeben.

Das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat das russische Ersuchen zurückgewiesen, die Ermittlungen gegen den Serbenführer Radovan Karadžić und seinen Militärchef Ratko Mladić „einzufrieren“. Der russische Außenminister Kosyrew hatte sich dafür ausgesprochen, damit Karadžić, wie von bosnisch-serbischer Seite gewünscht, zur Unterzeichnung des Dayton-Abkommens nach Paris reisen könne. UN-Chefankläger Richard Goldstone erklärte, die französischen Behörden seien verpflichtet, Karadžić sofort festzunehmen.

Während das Parlament der bosnischen Kroaten gestern den Friedensplan von Dayton offiziell absegnete, will die serbische Bevölkerung Sarajevos heute in einem Referendum über die Annahme des Friedensabkommens entscheiden. Dabei wird mit einer klaren Ablehnung gerechnet, weil Sarajevo gemäß der Dayton-Vereinbarung zur kroatisch-muslimischen Föderation gehören soll.

Unterdessen lief in einzelnen Landesteilen Bosniens eine Umsiedlungsaktion der Zivilbevölkerung an. Sowohl auf serbischer als auch auf muslimisch-kroatischer Seite wurden bereits Hunderte von Familien aus Bezirken ausgesiedelt, die nach den Bestimmungen des Friedensplans der jeweiligen Gegenseite zufallen sollten. Sowohl die bosnischen Kroaten als auch die bosnischen Serben plünderten nach Angaben der UNO die zu räumenden Gebiete.

Als Anschubfinanzierung für den Frieden in Bosnien wollen die Europäische Kommission und die Weltbank noch in diesem Monat auf einer internationalen Konferenz in Brüssel 747,4 Millionen Mark für den Wiederaufbau in Bosnien-Herzegowina zusammenbekommen. Mit dem Betrag sollen Projekte in den Bereichen Energie, Transport, Landwirtschaft, Erziehung und Gesundheit finanziert werden. Insgesamt werden die Kosten für den Wiederaufbau auf bis zu sechs Milliarden Dollar geschätzt. Die Kosten für den Militäreinsatz der Nato werden etwa genauso hoch veranschlagt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen