: Armenkinder zahlen mehr
■ SozialhilfeempfängerInnen zahlen 10, WenigverdienerInnen 20 Mark mehr für Kita / SPD enttäuscht, Kritik von den Grünen
Ein trauriges Fest für SozialhilfeempfängerInnen, zumal wenn sie Kinder haben: Zuerst wurde die Weihnachtsbeihilfe nun schon im vierten Jahr nicht der Inflation angepaßt, nun steigen auch noch die Kindergartengebühren. Gestern haben die geschäftsführenden Fraktionsvorstände von CDU und SPD zusammengesessen und einen Beschluß über die umstrittenen Gebühren gefaßt. Danach sollen die Kita-Gebühren für Kinder von SozialhilfeempfängerInnen um neun Mark auf 50 Mark pro Monat steigen, die für NiedrigverdienerInnen sogar um 19 auf nunmehr 60 Mark. Damit hat sich die CDU weitgehend durchgesetzt, die auf ihrer Fraktionsklausur eine Anhebung für beide Gruppen auf 60 Mark beschlossen hatte. Entsprechend war die Reaktion der sozialdemokratischen Sozialpolitikerin Elke Steinhöfel: „Das ist jedenfalls keine sozialdemokratische Politik.“
Völlig stinkig sind die Grünen. „Das ist eine Riesenschweinerei“, schimpfte gestern Karoline Linnert. „41 Mark war schon die absolute Obergrenze.“ Das war der Wert, der von der Sozialverwaltung errechnet worden war. Der richtet sich nach der „häuslichen Ersparnis“, dem Geld, das eine Familie an Essen und Strom usw. spart, weil das Kind im Kindergarten ist. Glaubt man den Berechnungen der ExpertInnen, müssen sich Familien, die auf die Stütze angewiesen sind, die Erhöhung nun vom Munde absparen. Zumal die Kindergartengebühren auch in den Schulferien weiterlaufen – während die Eltern keine „häuslischen Einsparungen“ verbuchen können.
Bei den NiedrigverdienerInnen sieht es kaum besser aus. Das sind die Haushalte, die monatlich nur knapp über dem Sozialhilfesatz liegen – manchmal nur um ein paar Mark. Der Betrag über dem Satz wird nach einem komplizierten Umrechnungsverfahren auf die Kita-Gebühr draufgeschlagen. Daraus entwickelt sich dann die dynamisierte Kita-Gebühr, die – je nach Einkommenshöhe – bis auf 619 Mark im Monat ansteigen kann. Wenn die NiedrigverdienerInnen nun Pech haben, rutschen sie wegen der größeren Erhöhung unter den Sozialhilfesatz. Gegen die größere Erhöhung für diese Gruppe hatten die SozialpolitikerInnen von SPD und Grünen vorgeschlagen, auch deren Ausgansgssatz bei 41 Mark zu belassen.
Der Beschluß ist noch nicht bindend, formal müssen die Fraktionen zustimmen, ehe der Vorschlag in die Bürgerschaft geht. Aber daß die sich gegen ihre Vorstände wenden, das scheint eher unwahrscheinlich. J.G.
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