: Wo Öko-Milch und Öko-Honig fließen
■ Förderkreis setzt sich für die Vermarktung von Brandenburger Bioprodukten ein
„Ökobörse – ein Verein tofuessender Immobilienmakler, Tauschring radikaler Veganer oder Vertriebskette für Grünkernbuletten?“ fragen die BetreiberInnen der Ökobörse selbstironisch. Falsch: In Brandenburg wächst kein Tofu-Soja, dafür aber fließt dort reichlich Öko-Milch und Öko-Honig. Und der „Förderkreis Ökobörse Brandenburg e. V.“ hat sich nunmal die Vermarktung solcher Lebensmittel zum Ziel gesetzt, die im Berliner Umland erzeugt werden und nur wenig Umweltbelastung durch Transporte erzeugen.
An eine Honigwabe erinnert auch das neue Büro der Ökobörse. Es ist zwar winzig, dafür aber von lauter ökologisch korrekten Nachbarn umgeben. Das „Grüne Haus“ in der Behrenstraße 23 in Mitte wurde anläßlich des Klimagipfels von der „Grünen Liga“ angemietet. Agraringenieur Wolfram Dienel sitzt hier zwischen Papierstapeln und Flaschen mit honigversetztem Sanddornsaft und erzählt von den Anfängen der Ökobörse. Zusammen mit anderen StudentInnen gründete er 1992 die „Projektwerkstatt Ökolandbau Brandenburg“ an der Technischen Universität.
Beim Besuch von Bauernhöfen und Agrargenossenschaften fiel den StudentInnen auf, wie schwer sich die neuen Ökobauern des Ostens mit der Vermarktung ihrer Produkte taten. Unter anderem wegen der EU-Förderprämien für extensive Landwirtschaft sei die Anzahl der Öko-ProduzentInnen seit 1989 enorm gestiegen, erläutert Wolfram Dienel. In Brandenburg bewirtschaften 150 bis 200 solcher Höfe rund zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – das liegt über dem deutschen Durchschnitt. Angebot und Nachfrage aber fänden oft noch nicht zusammen, sagt Diemel, immer mal wieder bleibe ein Produzent auf seinen Salatköpfen sitzen.
Um hier Abhilfe zu schaffen, erscheint seit April 1993 alle zwei Monate das Infoblatt Ökobörse mit Anzeigen von Anbietern und Nachfragern. Dort inseriert dann also das „Gut Hirschaue“ in Birkholz seine „ganzen und halben Damtiere“, während die „Domäne Dahlem“ dringend „Öko-Stroh in HD-Ballen“ sucht. Die „Soziale Grüne Landscheune“ in Rohlsdorf preist ihre „Weihnachtsgänse, Steinbackofenbrot, Kremserfahrten & Kinderwandertage“ an, derweil das Berliner Restaurant „GrandSlam“ alles von „Obst“ bis „Ziegen“ sucht.
Die Herausgabe des Infoblattes ist nur eine von mehreren Aufgaben für das Dutzend ehrenamtlicher MitarbeiterInnen der Ökobörse. Der Förderkreis, der sich im April 1994 als förmlicher Verein konstituierte – zu den Mitgliedern gehören rund 40 ÖkobäuerInnen und 15 GastronomInnen –, will vor allem mehr GroßabnehmerInnen für Ökoprodukte gewinnen. Denn Kantinen und Großküchen, sagt Diemel, „setzen ein Viertel bis ein Drittel aller Lebensmittel in Deutschland um.“
Einige Krankenhäuser und ein Zulieferer hätten sich bereits interessiert gezeigt, und es sähe ganz danach aus, als ob das Studentenwerk demnächst ein Öko-Essen in allen Uni-Mensen anbieten werde. Tatsächlich scheinen die Berliner StudentInnen geradezu wild auf die alternative Atzung zu sein: Nach einer von Ökobörse und Ökoreferat der Humboldt-Universität gemeinsam durchgeführten Umfrage würden 76 Prozent der befragten Studiosi 50 Pfennig und mehr bezahlen, wenn sie dafür ökologisch korrekt essen könnten.
Für Berlins GastronomInnen ist der „Öko-Stammtisch“ bereits Wirklichkeit. Fünfmal schon hat die Ökobörse dazu eingeladen und interessierte GastwirtInnen jeweils in einem anderen Restaurant mit einem mehrgängigen Öko-Menü aus Brandenburger Landen beglückt. Der nächste Stammtisch wird wohl parallel zur Grünen Woche stattfinden, auf der die Ökobörse ebenfalls vertreten ist – selbstredend in der Brandenburg Halle. Ute Scheub
Ökobörse, Behrenstraße 23, Raum 610, 10117 Berlin, Telefon: 202 203 64, Fax: 280 230 85
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