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Türkei in der Zollunion, und alle gucken weg

■ Zwei Drittel der EU-Parlamentarier stimmten dem Freihandelsabkommen zu

Straßburg (taz) – Die Tagesordnung war gerade noch rechtzeitig geändert worden. Eigentlich hätte das Europäische Parlament parallel zur Abstimmung über die Aufnahme der Türkei in die Zollunion der EU der kurdischen Abgeordneten Leyla Zana den Sacharow-Preis für Redefreiheit verleihen wollen. Doch Leyla Zana sitzt derzeit in Haft – in derselben Türkei, deren vermeintliche Fortschritte in Sachen Menschenrechte gestern belohnt werden sollten. Dank umsichtiger Regie des Präsidiums hatte dann aber doch alles seine Ordnung: Die Preisverleihung wurde auf Januar verschoben, und das Parlament stimmte der Zollunion nach intensiver, aber recht abstrakter Debatte mit Zweidrittelmehrheit zu (343 zu 149 Stimmen bei 36 Enthaltungen).

Die Jastimmen kamen von den ChristdemokratInnen, den Liberalen und der Mehrheit der SozialdemokratInnen. Letztere hatten sich besonders schwergetan.

Schwach war die Bilanz der GegnerInnen: keine Fortschritte in Kurdistan, Stillstand in Zypern, nur kosmetische Änderungen an den undemokratischen Anti- Terror-Gesetzen. Neben Leyla Zana sitzen drei weitere demokratisch gewählte kurdische Abgeordnete in Haft. Die Position der Mehrheit war dagegen ganz auf das Prinzip Hoffnung gestützt. In einer Resolution wurde die türkische Regierung zum „Dialog“ über Menschenrechtsfragen aufgefordert. Über deren Entwicklung soll die Kommission jährlich Bericht erstatten. Konsequenzen wurden allerdings keine angedroht. Christian Rath

Seiten 7 und 10

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