: Kroatien droht mit Ausstieg aus Gesprächen
■ Bei Abrüstungsverhandlungen fordert Außenminister Granić die gegenseitige Anerkennung mit Restjugoslawien und die Wiedereingliederung Ostslawoniens
Bonn/Zagreb (AFP) – Zum Beginn der Abrüstungskonferenz für das frühere Jugoslawien auf dem Petersberg bei Bonn hat der kroatische Außenminister Mate Granić gestern mit dem Ausstieg aus den Gesprächen gedroht, falls Belgrad Kroatien nicht bald anerkennt. Die gegenseitige Anerkennung sei Voraussetzung für eine Lösung des Konflikts um Ostslawonien, sagte Granić. Zugleich forderte er die Wiedereingliederung des serbisch kontrollierten Gebietes nach Kroatien.
Bei dem Treffen saßen erstmals die Außenminister Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und Restjugoslawiens an einem Tisch, um über Möglichkeiten der Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle zu beraten. An den Gesprächen nahmen Außenminister und Repräsentanten aus 32 Staaten teil. In Bonn sollen die Bedingungen und der Zeitplan für die weiteren Verhandlungen zur Rüstungskontrolle festgelegt werden, die voraussichtlich in Wien stattfinden.
In Bosnien begannen die früheren Kriegsparteien nach UN-Angaben mit dem im Friedensvertrag von Dayton festgelegten Rückzug aus einigen Gebieten. Nach Angaben eines UN-Sprechers beobachtete die UNO in den serbisch kontrollierten Vororten Sarajevos, die nach dem Dayton-Abkommen an die muslimisch-kroatische Föderation fallen, erste Anzeichen eines militärischen Rückzugs. Allerdings wurde in der bosnischen Hauptstadt zum ersten Mal seit Monaten wieder eine Straßenbahn beschossen. Dabei wurde eine Frau schwer verletzt. In der Umgebung der westbosnischen Städte Mrkonjić Grad und Sipovo begannen bosnisch-kroatische Truppen nach UN-Angaben ebenfalls mit dem Rückzug aus dem Gebiet, das an die bosnischen Serben fallen soll. Zugleich kam die Stationierung der Nato-Truppe für Bosnien voran. Im nordbosnischen Tuzla konnten wieder Maschinen der US-Luftwaffe landen. Die Flüge waren in den letzten Tagen wegen schlechten Wetters ausgefallen. Nach Nato-Angaben traf der erste Zug mit US-Soldaten in der Nacht zum Montag in Kroatien ein. Vier der insgesamt acht Züge saßen jedoch nach Angaben eines Sprechers der österreichischen Bahn in Österreich fest. Die Kroaten verweigerten den Zügen, die ungarisch-kroatische Grenze zu überqueren. Die Gründe waren zunächst nicht bekannt.
Serbe festgenommen
Karlsruhe (AP) – Ein Serbe, der der Beihilfe zum Völkermord in Bosnien verdächtigt wird, ist in Düsseldorf verhaftet worden. Wie Generalbundesanwalt Kay Nehm mitteilte, soll der 48jährige Nicola J. als Anführer einer Gruppe von Tschetniks 1992 unter anderem ein muslimisches Dorf zerstört und 18 Erschossene in ein Krankenhaus gebracht haben.
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