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■ QuerspalteEin Mord in unserer Mitte

Die gegenwärtig verhandelte Anklage gegen Birgit Hogefeld, sie hätte den GSG-9-Mann mit dem komplizierten Namen in Bad Kleinen hingestreckt, wird gern als kregeler Schwachsinn abgetan. Schließlich hat Hogefeld, als es an der Mitropabude oben auf dem Peron etwas Warmes in den Bauch gab, unter einer vom Bundesgrenzschutz bereitgestellten Frischhaltefolie in der Bahnhofsunterführung die Zeit, wie es sich für eine Erzterroristin gehört, totgeschlagen.

Wer jedoch den Vorwurf der Bundesanwaltschaft ernst nimmt, Hogefeld habe Newrzella durch die Hand von Grams erschossen, begreift nicht nur, warum einige Beweisstücke zwangsläufig verschwinden mußten, sondern entwirrt auch eines der letzten Mysterien der Postmoderne, und zwar das um den Tod des Bundesbahnkunden Wolfgang Grams: Auch der wurde selbstverständlich von Frau Birgit erschossen. Durch die Hand eines dazu telekinetisch instrumentalisierten BGS- Mannes. Hogefelds Motiv: Grams hätte ja gegen sie aussagen können, daß er an Newrzella nur ihren übermächtigen Willen vollendet hatte.

Weil aber die Bundesanwaltschaft sehr klug ist, ist sie auch mit totem Kronzeugen auf diesen naheliegenden Gedanken gekommen. Damit liegt wiederum auf der Hand, warum niemals an den Tag kommen darf, wer – von Hogefeld ferngesteuert – Grams in den Gleiskörper beißen ließ: Würde der Beamte, in den weiland ihr Killerinstinkt hineingefahren war, jemals ruchbar, müßte die schreckliche Hexe auch ihn – und sei es von ihrer gemütlichen Zelle aus – füsilieren lassen. Durch ein weiteres Werkzeug ihrer übersinnlichen Willkür.

Eine Kette ohne Ende; eine Metzelei, die man sich auch nicht damit schönreden kann, daß irgendwann auch gewisse Trachtenkapellen fällig wären. Dieser Terror, meine Damen und Herren, zielt nämlich auf uns alle, auf die Mitte unserer Gesellschaft.

Und außerdem haben auch Bundesanwälte ein Recht auf Selbstschutz. André Mielke

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