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Rühe läßt UN-Mission im Irak in der Wüste stehen

■ Bundeswehr entzieht UN-Inspektoren Transportmittel. Hohe US-Beamte stellen deshalb den deutschen Anspruch auf Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat in Frage

Bonn (taz) –Durch Unstimmigkeiten in ihrer Nahostpolitik bringt die Bundesregierung die US-Regierung und die UNO gegen sich auf: Bonn hat angekündigt, drei Hubschrauber und zwei Transall- Maschinen der Bundeswehr abzuziehen, die bislang durch ihre Flüge im Irak die Arbeit der UN- Sonderkommission zur Aufdeckung illegaler Produktion von Massenvernichtungsmitteln ermöglicht haben.

Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hat nach Angaben der Hardthöhe schon 1994 die UNO aufgefordert, eine andere Lösung zu suchen. Ein Sprecher sagte der taz, die Einsatzplanung der Bundeswehrhubschrauber in Deutschland leide unter dem Irak- Einsatz, der wegen der großen Entfernung und der Witterungsbedingungen personell und materiell sehr aufwendig sei. Zudem würden die Hubschrauber des Typs CH 53 für die Friedenstruppe in Bosnien (IFOR) gebraucht. Zunächst würden nur ein Hubschrauber und eine Transall abgezogen. Ende Juni wolle Rühe dann die Luftlogistik für die UN im Irak ganz einstellen.

Nach einem Bericht der Washington Post haben die US-Verteidigungs- und Außenminister William Perry und Warren Christopher in Bonn mehrmals vergeblich wegen dieser Entscheidung interveniert. US-Regierungsbeamte sehen die Arbeitsfähigkeit der UN-Inspektoren genau in dem Moment bedroht, da die Kommission das Bagdader Regime verdächtige, Mittelstreckenraketen und Sprengköpfe mit chemischen und biologischen Waffen zu verstecken.

Hohe Beamte der US-Regierung stellen laut Washington Post nun den deutschen Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat in Frage. Vorgehalten wird der Bonner Regierung das „enorme Ausmaß der deutschen Verwicklung in die irakische Produktion von Massenvernichtungsmitteln“.

Plausibel scheint aus Bonner Sicht die Behauptung eines US- Beamten, wonach das Bonner Außenministerium die Flüge aufrechterhalten wollte, das Verteidigungsministerium sich aber durchsetzte. Aus der Unionsfraktion wurde gestern darauf hingewiesen, daß die US-Regierung die Deutschen dränge, „globale Verantwortung“ zu übernehmen. Dagegen wolle Rühe deutsche Einsätze auf die unmittelbare Nachbarschaft der Bundesrepublik beschränken.

Der SPD-Abgeordnete Norbert Gansel nannte den Abzug der Maschinen gegnüber der taz „äußerst bedauerlich“ und forderte die Bundesregierung auf, die Funktionsfähigkeit der UN-Kommission auch weiter sicherzustellen. Gansel erinnerte daran, daß die Überwachung auch wegen illegaler Rüstungsexporte aus Deutschland erst notwendig geworden sei. Hans Monath

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