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Tele-Chaos zu Neujahr

■ Sylvester-Knaller legt Telefonnetz lahm / Die Telekom-Computer kennen keine Feiertage Von Marco Carini

Kein Anschluß unter dieser Nummer. Für die Hamburger Telekom-Zentrale begann 1996 als Pannenjahr. In weiten Teilen Altonas und Eimsbüttels sowie in Stellingen und Eidelstedt schwiegen seit Neujahr, Punkt 14.30 Uhr die Telefone, brachen Computer-Leitungen zusammen und gab es statt Kabel-Fernsehen nur Bildschirm-Schnee.

Der Grund: Eine Gasexplosion im Kabelkanal an der Langenfelder Straße in Eimsbüttel. Dort hatte sich Gas aus einer undichten Leitung gestaut und war durch einen Knallkörper entzündet worden. Dem unterirdischen Feuerwerk fielen gleich drei Glasfaserkabel und mehrere Kupfer-Hauptleitungen zum Opfer. Gestern konnte nur ein Teil der Kabel geflickt werden. Erst im Laufe des heutigen Vormittags soll die Reparatur abgeschlossen werden. Mindestens 2.000 Anschlüsse wurden nach Auskunft der Telekom durch den Kabelbrand vom Telefon-Netz abgehängt – möglicherweise aber auch wesentlich mehr.

Neben den Telekom-Privatkunden sind vor allem zahlreiche Firmen von der Gasexplosion betroffen. So waren etwa zahlreiche Sparkassen- und Bankfilialen gestern von ihren Zentralcomputern abgeschnitten. Die Folge: Statt der schnellen Mark aus dem EC-Automaten gab es Geld für die KundInnen oft nur nach einer langwierigen telefonischen Überprüfung ihrer Kontostände. Doppeltes Pech für die Betroffenen: „Für wirtschaftliche Schäden, die Firmen durch den Kabelbrand entstanden sind, kommen wir nicht auf“, erläutert Unternehmens-Sprecher Frank Deneke. Nur wenn Telekom-Mitarbeiter selbst die Gasleitung angebohrt oder die Sylvester-Knaller geworfen hätten, würde die Telekom für die entstandenen Schäden haften.

Da ein Unglück bekanntlich selten allein kommt, gesellte sich zu dem Kabelbrand gleich Panne Nummer zwei: Selbst die Telekom-Computer kapieren die neue Telefon-Gebührenordnung nicht, mit der angeblich alles viel billiger und kundenfreundlicher werden soll. Zu Neujahr liefen bundesweit die Telefon-Zähler auf Hochtouren und berechneten statt Mondschein- und Wochenendtarif gern auch mal die zweitteuerste Tarifstufe.

Telekom-Sprecher Deneke: „Durch einen Software-Fehler wurde der Feiertag nicht als Feiertag erkannt“. 550 der insgesamt 8000 bundesdeutschen Vermittlungsstellen sollen mit der falschen Software ausgerüstet worden sein. Deneke: „Wir haben keine Hinweise darauf, daß auch Hamburg betroffen ist, können das aber auch nicht ausschließen“.

Das aber will die Telekom noch herauskriegen. KundInnen, die befürchten, durch die Computer-Panne zuviele Einheiten auf ihrer Rechnung vorzufinden, bräuchten sich nicht bei dem Unternehmen melden. Deneke: „Wir überprüfen, ob es falsche Einstufungen gegeben hat und korrigieren die Abrechnungen entsprechend.“

Das Problem dabei: Kommt es auch hier zu Datensalat, können die KundInnen das kaum überprüfen. Bei wem der Telefon-Zähler zu Neujahr Geschwindigkeits-Rekorde verbuchte, sollte seine Rechnung wohl lieber ganz genau kontrollieren.

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