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Kanther kommt – die Demo auch

■ Bundesinnenminister kommt zum CDU-Neujahrsempfang / Gegendemo ist schon angemeldet

Silvester ist gerade rum, da steht Bremen schon wieder ein Großeinsatz der Polizei ins Haus. Am Mittwoch nächster Woche wird die Bremer CDU ihren traditionellen Neujahrsempfang im Park-Hotel abhalten, wie immer mit einem Ehrengast. Der heißt diesmal Manfred Kanther, ist Bundesinnenminister und von Berufs wegen einer der meistgehaßtesten Politiker – zumindest in der linksradikalen Szene. Die wird den Besuch auch nicht unkommentiert lassen. Wenn die gut 3.000 geladenen Gäste im Piekfeinen speisen, soll ein Demonstrationszug dem Minister zumindest akustisch den Widerwillen eines Teils der BürgerInnen klarmachen – gegen den „gnadenlosen Abschiebefanatiker“, wie es im Aufruf zur Demo heißt. Motti: „Keine Abschiebungen, weg mit dem PKK-Verbot, Einstellung aller §129/129a-Verfahren, gegen die Politik der inneren Sicherheit!“

„Der Kanther ist nun wirklich eine Symbolfigur, die alle Schweinereien in der Innenpolitik auf sich vereint“, meinte gestern ein Sprecher des Bremer Antirassismusbüros, das den AufruferInnenkreis vom AStA-Arbeitskreis Kurdistan bis zum Flüchtlingskomitee „Embrica Marcel“ (das Flüchtlingsschiff im Kohlenhafen) zusammengetrommelt hat. Und er rechnet vor: „Die Abschiebepraxis, wo Leute mit Gewalt ins Elend zurückgeschickt werden, zuletzt der Beschluß, die bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge abzuschieben, dann die Änderung des Asylbewerber-Leistungsgesetzes – wir hoffen, daß doch viele Leute zusammenkommen.“

Wo diese vielen Leute, wenn es denn viele werden, am Ende demonstrieren dürfen, das ist allerdings noch nicht sicher. Die Demo-Route soll vom Goethetheater über Sögestraße und Bahnhof zur Hollerallee gehen, wo es in Sicht- und Hörweite zum Park-Hotel eine Abschlußkundgebung geben soll. Das steht in der Anmeldung, die am Freitag bei Stadtamt eingegangen ist. Aber: „Wir haben noch nicht entschieden, ob das auch geht“, sagte Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens gestern. „Die Distanz zum Hotel ist nicht so sehr das Problem. Es ist vielmehr der Verkehr.“ Den werden die motorisierten CDU-BesucherInnen auf der Hollerallee heftig zum Anschwellen bringen. Wilkens: „Wir werden die Hauptachse nicht blockieren können.“

Aber über die genaue Route und den Platz für eine Kundgebung will das Stadtamt erst noch mit der Polizei sprechen. Und die weiß noch gar nicht so richtig, was Sache sein soll. „Wir haben Silvester gerade hinter uns, und schließlich sind es auch noch ein paar Tage hin“, sagte gestern ein Polizeisprecher.

Völlig entspannt wird die Demo von der CDU erwartet. „Demonstrieren ist eine gute demokratische Gepflogenheit, wir setzen ganz auf das Fingerspitzengefühl der Polizei“, meinte gestern der CDU-Landesgeschäftsführer Günther Feldhaus. „Wir können doch nicht von vornherein unterstellen, daß das nicht friedlich ablaufen wird. Und außerdem, wir haben schon ganz andere Dinge hinter uns gebracht.“

J.G.

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