: Licht für den Filmbösewicht
■ Sind gute Bilder nur schön oder auch richtig? Kameramänner präsentieren ihre Arbeit in einer Vortragsreihe im Metropolis
Für einen Film braucht man Schauspieler, einen Regisseur, Produzenten, Technik und viel Geld. War da nicht noch etwas? Richtig: Ein Film wird gedreht, und zwar von Kameraleuten.
Daß er als Verantwortlicher für die Bildgestaltung vom Publikum häufig vergessen wird, findet Wolfgang Treu nicht verwunderlich. Denn der Kameramann, der bisher um die 140 Filme und rund 100 Werbespots drehte, vertritt die Auffassung: „Gute Bilder sind nicht nur schön, sondern vor allem richtig. Sie sollen der Geschichte dienen und Emotionen wecken.“
Als Ziel seiner Arbeit nennt der 65jährige „ein homogenes Werk. Wenn man mir sagt: ,Der Film ist langweilig, aber interessant gedreht', empfinde ich das nicht als Lob.“
Der Bundesverband Kamera, dessen Vorsitzender Treu ist, will Filmfreunden, Kritikern und jungen Menschen, die sich für den Kameraberuf interessieren, nun einen tieferen Einblick in Kunst und Handwerk der Bildgestalter ermöglichen. In Zusammenarbeit mit dem Metropolis, dem Filmmuseum München und dem Berliner Arsenal-Kino organisiert er Veranstaltungen, bei denen Kameraleute eigene Arbeiten vorstellen.
Anders als der amerikanische Director of Photography bedient der deutsche Kameramann meist auch die Aufnahmegeräte, ist also gleichzeitig „Schwenker“. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist daneben die Beleuchtung – Hintergrundlicht, Lichteinfälle, Lichtstimmung. Weil ein liebenswerter Charakter wortwörtlich in einem anderen Licht erscheinen muß als ein Fiesling, beeinflußt die Beleuchtung den Zuschauer häufig in entscheidendem Maße.
„In enger Zusammenarbeit zwischen Regie und Kamera“ entstehen für Treu die besten Szenen. „Schließlich sieht der Kameramann den Film als erster.“ Und wenn das Werk fertig gedreht und geschnitten ist, sorgt er für die richtigen Farben und Kopien. Ein technischer Beruf? Dazu Treu: „Ja, die Technik muß man schon beherrschen. Wie auch ein Organist die Technik seines Instrumentes oder ein Architekt die Bautechniken kennen muß.“
Mit rund 40 Jahren Berufserfahrung im In- und Ausland ist Wolfgang Treu einer der erfahrensten deutschen Kameramänner. Er drehte mit Maximilian Schell, Anthony Page und Danny Houston, gestaltete die Bilder für Das Schloß (1968), Das fliegende Klassenzimmer (1973), Nordsee ist Mordsee (1975) und Otto – Der Liebesfilm (1992). Als Grundlage für seinen Vortrag und das Gespräch, mit dem er am Sonntag die neue Reihe eröffnet, hat der Kameramann Maschenka von John Goldschmidt ausgesucht, eine Nabokov-Verfilmung von 1986. Diesen Film findet Treu bildtechnisch besonders interessant, weil er auf verschiedenen Zeitebenen spielt und großenteils im Studio gedreht wurde.
Nach dem eisigen Alstervergnügen kann man sich also im Metropolis nicht nur bei einem schönen Film über die wahre Liebe aufwärmen und unterhalten lassen, sondern auch noch eine Menge lernen.
Nele-Marie Brüdgam
So, Metropolis, 19 Uhr
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