: Bezirksamt sticht Spekulanten beim Hauskauf aus
■ Eimsbüttel kauft Altbau, um MieterInnen vor Wohnungsumwandlung zu schützen
Das Bezirksamt Eimsbüttel hat erstmalig sein Vorkaufsrecht für ein Wohnhaus im Gebiet einer „Sozialen Erhaltenssatzung“ wahrgenommen, um dessen MieterInnen vor einem Spekulanten zu schützen. Der um die Jahrhundertwende erstellte Altbau am Stellinger Weg 57, Ecke Lutterothstraße 75, der 33 Mietparteien beherbergt, wird vorläufig von der SAGA verwaltet und soll möglichst schnell weiterverkauft werden. Der neue Käufer aber muß sich verpflichten, die Miet-Quartiere nicht in Eigentumswohnungen umzuwandeln und die Mieten nur maßvoll zu erhöhen. Anfang 1995 war die „Soziale Erhaltenssatzung für Eimsbüttel Nord/Hoheluft West als erste ihrer Art in Hamburg in Kraft getreten. Um die Verdrängung angestammter MieterInnen zu verhindern, kann das Bezirksamt seitdem Modernisierungen, die zu hohen Mietpreissprüngen führen würden, untersagen.
Um auch die drohende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum zu stoppen, verfügt die Stadt darüber hinaus über ein Vorkaufsrecht für Wohnhäuser, die den Besitzer wechseln sollen: Sie kann in notariell beurkundete Kaufverträge eintreten und die Häuser zum ausgehandelten Kaufpreis übernehmen. Da jedoch für alle drei in Hamburg existierenden Erhaltenssatzungs-Gebiete nur ein Vorkaufs-Fonds von 5 Millionen Mark zur Verfügung steht, sollen die Häuser so schnell wie möglich an Nicht-Spekulanten weiterververäußert werden, damit nicht die Mittel fehlen, das Vorkaufs-Recht an anderer Stelle erneut auszuüben. „Wir haben zuerst versucht, den Käufer mit einem Abwendungsvertrag zu verpflichten, die Wohnungen nicht umzuwandeln und die Mieten nur maßvoll zu erhöhen“, erläutert der Chef des Eimsbüttler Liegenschaftsamtes, Michael Carlsson, die Vorgeschichte des bislang einzigartigen Wohnungsdeals. Als der Käufer sich aber weigerte auf die Bedingungen der Behörde einzugehen, kaufte der Bezirk das fünfgeschossige Wohnhaus.
Die MieterInnen erfuhren bereits vor knapp zwei Wochen, daß ihre sich seit Jahrzehnten im Familienbesitz der „Richard Meyer Erbengemeinschaft“ befindende Heimat von der Stadt gekauft werden soll. Die Stimmung in dem Eimsbüttler Altbau ist zwiespältig. Eine Mieterin: „Wir waren erst geschockt, als wir vernommen haben, daß unser Haus veräußert wird. Nun sind wir froh, daß wir um eine Luxusmodernisierung oder Umwandlung herumkommen.“ Marco Carini
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