: Zeig mir deine Briefmarkensammlung
■ Beate Uhse eröffnet „Europas größtes Erotik-Museum“
Die Flensburger Unternehmerin Beate Uhse will Berlin mit „Europas größtem Erotik-Museum“ beglücken. Bereits Ende nächster Woche wird im „Leineweber- Haus“ an der Kantstraße Ecke Joachimsthaler Straße eine Dauerausstellung von mehreren tausend erotischen Bildern, Objekten und Dokumenten eröffnet, zudem sind Wechselausstellungen von „Nachwuchskünstlern“ geplant.
„Da steckt viel Geld dahinter“, weiß ein Insider. Seit geraumer Zeit erstünden Uhse-Gesandte „heiße“ Objekte aus aller Welt. So sei zum Beispiel das Erotik-Museum am Odeonplatz in München komplett aufgekauft worden. Sehr wertvoll seien die geschnitzten Elfenbeinfigürchen aus der Münchner Sammlung, die demnächst den unwissenden BerlinerInnen sämtliche Positionen des Liebeslebens vorführen.
Oder die Briefmarkensammlung mit Erotik-Motiven aus den unschuldigen Anfangszeiten der Post: „Da würde heute mancher Postler Briefe unterschlagen.“ Der Gesamtwert der Exponate beträgt laut Vorstandsvize der Beate Uhse Aktiengesellschaft Hans-Dieter Thomsen schon jetzt mehrere Millionen Mark. Stolz verweisen die Museumsmacher auch auf eine Sammlung anzüglicher Lithografien von Heinrich Zille. Weitere Namen berühmter Künstler konnte der Vorstandsmann indes nicht nennen. „George Grosz? Nie gehört. Den Namen muß ich notieren.“
Ein Kaufmann für Sexartikel ist schließlich kein Museumsleiter. Deswegen kann ihm auch Ralf Dose von der Magnus-Hirschfeld- Gesellschaft e. V. verzeihen. In der Meinung, er stünde im Magnus- Hirschfeld-Institut, suchte Beate Uhses Mann vor einem halben Jahr in den winzigen Räumen des Vereins vergeblich nach käuflichen Objekten.
Schließlich war Hirschfeld mit seinem 1919 gegründeten Institut nicht nur der Begründer der Sexualwissenschaft gewesen, er besaß auch eine umfangreiche, später aber verschollene Erotika-Sammlung. Weil „die vom Magnus- Hirschfeld-Institut“ angeblich aber nichts hatten, durfte dann der Leiter des Archivs für Sexualwissenschaft am Robert-Koch-Institut, Prof. Haeberle, den Ausstellungsteil über den jüdischen Arzt mit Dokumenten frei gestalten.
Das damals weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft ist kurz vor der Geburt Beate Uhses gegründet worden. Die heute 76jährige kam laut Vorstandsvize Thomsen Anfang 1946 aus Berlin und drückte verzweifelten Flensburgerinnen „gegen zehn Pfennig oder ein Stück Butter“ Zettel über die Knaus-Ogino-Verhütungsmethode in die Hand. Das „größte Erotik-Museum Europas“ ist die Sahnetorte zum 50. Firmenjubiläum für eine der reichsten und erfolgreichsten Unternehmerinnen Europas. Ute Scheub
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