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Süchtig nach Autolärm und Autoabgasen -betr.: "Geister-Viertel" zum Leserbrief der Geschäftsfrau Irmgard Zeitzen in der taz vom 9.11.96 und die sonstige Berichterstattung der taz über die Verkerhrsberuhigung im Ostertor- und Steintor-Vierte

Betr. „Geister-Viertel“ zum Leserbrief der Geschäftsfrau Irmgard Zeitzen in der taz vom 9.11.96 und die sonstige Berichterstattung der taz über die Verkehrsberuhigung im Ostertor-und Steintor-Viertel

Der Leserbrief von Frau Zeitzen zeigt einmal mehr, wie sehr man/frau die Auswirkungen des Autolärms unterschätzt, ihren Entzugserscheinungen nach zu urteilen scheint er in ihrem Fall sogar zur Sucht zu führen.

Ein Umsatzeinbruch von 80 Prozent ist natürlich eine Katastrophe, nachdem sie aber keinen Vergleichszeitraum angibt, drängt sich doch der Verdacht auf, daß es sich dabei im wesentlichen um den normalen Einbruch nach dem Weihnachtsgeschäft handelt.

Sicher trägt die plötzliche Verkehrsberuhigung in den ersten Tagen auch dazu bei, aber ein Blick in die City-Fußgängerzone zeigt, daß dort meist gar kein Platz für Autos mehr ist und selbst die Straßenbahnen oft nur mit Mühe durchkommen.

Den Umsatz der Geschäfte einfach nur auf die Parkplätze umzurechnen ist zumindest sehr fragwürdig, aber wenn schon, dann darf man/frau nicht auf halbem Weg stehenbleiben: Jeder Parkplatz belegt 15-20 Quadratmeter beste Geschäfts- und Bürofläche. Bei zum Beispiel 5 Stockwerken und durchschnittlich 30 Mark Miete ergibt sich ein potentieller Mietertrag von 30 000 Mark pro Jahr, der aus dem genannten Umsatz von 650.000 Mark erst einmal erwirtschaftet werden muß...

Da Autos nicht lesen können, gehe ich davon aus, daß auch bei Frau Zeitzen die Menschen einkaufen. Insbesondere die gestreßten FeierabendkundInnen werden sich im abendlichen Verkehrsgewühl wohl kaum freiwillig quer durch die Stadt quälen, um zu ihrer Boutique zu gelangen und denen in der näheren Umgebung kommt die Verkehrsberuhigung zugute.

Wenn sie (ebenso wie die City-KollegInnen) die notorischen AutofahrerInnnen unter den KundInnen an Dodenhof und Co. verliert, ist das aber nicht die Folge der Verkehrsberuhigung, sondern jahrelanger Vernachlässigung der öffentlichen Verkehrsmittel, die gerade auf engem Raum viel höhere Transportkapazitäten bieten und die nervige Parkplatzsuche überflüssig machen.

Erschwerend kommt hinzu, daß die Kommunen einen ruinösen Subventionswettbewerb bei der Erschließung überdimensionierter Gewerbeflächen austragen, die diese flächenfressenden, durchrationalisierten Einkaufstempel erst rentabel machen. Allein schon aus Platzgründen können die Viertel- ebenso wie die City-Kaufleute nicht mit den autogerechten Einkaufstrabanten an der Peripherie konkurrieren.

Anstatt sich die Kunden weiter mit ihrer eigenen Polemik zu vergraulen sollten sie die Verkehrsberuhigung als Chance nutzen und deren Vorteile offensiver als bisher vermarkten. An potentiellen KundInnen, die in der Stadt wohnen und arbeiten mangelt es weniger als an deren Wissen bzw. Bereitschaft die Öffentlichen Verkehrsmittel auch zu benutzen.

Dagegen kann und muß der Handel selbst die Initiative ergreifen. Darüber hinaus sollte er sich aber auch vehement für den weiteren Bau der Straßenbahnlinie 4 und den Ausbau der Linien 2 und 6 einsetzen, um die Verbindungen ins nähere Umland verbessern.

Pendler die auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, werden auch lieber zentrumsnah einkaufen.

W. Behrend, im Namen der Umweltgruppe RobinWood, Bremen

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