: "Earthwatch"-Trips
■ Naturbegeisterte und Laienwissenschaftler können mit der Umwelt- und Forschungsinitiative auf Expedition gehen
Jeder Naturliebhaber, ob Bergsteiger, Wanderer, Hobbybotaniker, Fossilienfreak, Vogelkenner oder Taucher, kennt die Faszination der Natur, macht sie sogar oftmals zum eigentlichen Lebensinhalt. Wer seiner Naturleidenschaft auch im Urlaub nachgehen möchte, dem bietet „Earthwatch“ genau das richtige: Forschungsreisen für jedermann.
Die 1972 in Boston gegründete Umwelt- und Forschungsinitiative hat – neben Boston, Los Altos, Madrid, Melbourne, Oxford und Tokio – nun in Hamburg eine deutsche Niederlassung gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählt auch der renommierte Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker. Earthwatch ist ein gemeinnütziger Verein, der bislang über 2.000 Forschungsprojekte in 110 Ländern unterstützt hat.
An rund 160 Forschungsprogrammen kann sich der engagierte Naturliebhaber als freiwilliger Helfer und Laienforscher beteiligen. Die angebotenen Themen sind außerordentlich vielfältig: Ob Wölfe in Indien, Dinosaurierknochen in Amerika, Wildtier- und Landschaftspflege rund um den Globus, Vulkankunde, Meeresbiologie und vieles mehr.
Zum Beispiel das Projekt „Fossiler Regenwald in der australischen Wüste“: Dort untersuchen Geologen und Earthwatch-Helfer bislang unbekannte Baumblätter, die vor 45 Millionen Jahren in den Sandbänken eines Flusses abgelagert wurden und in dem heute sehr harten Sandstein wunderschöne Fossilien dieser Baumblätter hinterließen. Die australischen Wissenschaftler haben an diesen Fossilien deshalb so großes Interesse, weil dieser fossile Regenwald zu einer Zeit wuchs, als sich Australien von der Antarktis abgetrennt hat, zum Inselkontinent wurde und somit die damalige Urflora repräsentiert. Für insgesamt vier Wochen untersuchten zwei Earthwatch- Teams den sehr versteckten Fossilfundort unter der Leitung von zwei australischen Experten. Dabei erfuhren die Helfer sehr viel über die geologische, klimatische und botanische Entwicklung des Kontinentes. Natur zum Begreifen. „Neben den rein naturwissenschaftlichen Projekten unterstützen wir aber auch viele kulturelle und historische Forschungen aus den Bereichen Archäologie, Kunst und Architektur, Landwirtschaft und Soziologie“, sagt Brian Rosborough. Gründer und Präsident von Earthwatch International. „Dabei ist es besonders wichtig, Wissenschaft und Praxis miteinander zu verknüpfen.“
Das Echo bei den Wissenschaftlern ist gewaltig. Über 1000 Anträge senden Forscher aus aller Welt jährlich an Earthwatch, um eine Unterstützung zu bekommen. Doch nur 160 Anträgen kann nach einem strengen Auswahlverfahren die Hilfe durch die Freiwilligenteams zugesagt werden. Die Feldforschungen müssen so ausgerichtet sein, daß jeder ohne Vorbildung tatkräftig mithelfen kann und für sich selbst viel von der Thematik, der Natur und Kultur der Region erfahren kann.
Von der neuen Niederlassung in Hamburg sollen auch Forschungsprojekte in Deutschland und im Ausland unter deutscher Leitung entwickelt werden. Die bislang nur in englisch erscheindende Mitgliederzeitschrift wird bald in deutscher Sprache erhältlich sein.
Rund 5.000 naturbegeisterte Menschen widmen jährlich zwei bis drei Wochen ihrer Zeit – meist den Urlaub –, um sich auf eigene Kosten an Earthwatch-Expeditionen zu beteiligen. „Viele der Freiwilligen werden sogar von ihren Arbeitgebern, Bildungseinrichtungen oder Fachunternehmen unterstützt“, bestätigt Brian Rosborough. Wer mitmachen will, wird bei Earthwatch Mitglied für 60 Mark im Jahr und erhält dafür alle aktuellen Informationen über die weltweit laufenden Forschungsprojekte. Heute zählt Earthwatch 50.000 Mitglieder aus weltweit 30 Nationen. Christof Hug-Fleck
Informationen: Earthwatch e.V., Haus Rissen, Rissener Landstr. 193, 22559 Hamburg, Tel.: 040/81 03 37, Fax: 810349.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen