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Das gelbe Einkaufsparadies

■ Die Post im Wandel der Zeit: Pilotprojekt mit zusätzlichem Verkauf von Schwarzbrot und anderem läuft an

Das Postamt wird zum Einkaufsparadies. Öffnungszeiten fast ohne Ende, auch sonntags, sind geplant. Ähnlich wie bei Tankstellen mutiert die Hardware (Briefmarken) zur Nebenware. Zeitungen, Zigaretten, Snacks und Lebensmittel soll es künftig in den Postfilialen geben. Dazu kann der Kunde Schreibutensilien erstehen, von Kuli bis Briefpapier.

In zwei bis vier Monaten wird es bundesweit in zwanzig Postfilialen dieses Angebot geben. Ein Jahr soll die Erprobungsphase laufen, ehe man entscheidet, ob der Service auf weitere Filialen ausgedehnt wird. „Die Idee köchelt schon seit ein bis zwei Jahren“, sagt Post-Sprecher Martin Dopychai. Dem Kundenschwund soll Einhalt geboten werden. Die neue Post soll ein attraktives Serviceunternehmen werden. „Wir definieren den Begriff Post neu“, sagt Dopychai.

Das bedeutet, auch der Kernbereich, der Verkauf von Briefmarken, wird neu gestaltet. Die sollen in Zukunft nämlich nicht mehr hinter gläsernen Schaltern von mürrischen Beamten ausgegeben werden, sondern über offene Theken. Zudem soll der Postler mit freundlichem Gesicht dem Kunden gegenübertreten. „Die werden jetzt speziell geschult“, sagt Dopychai. „Wir müssen uns schließlich als Dienstleister verstehen.“ Wenn die Pilotphase erfolgreich verläuft, rechnet Dopychai damit, daß „mittelfristig zusätzliche Stellen geschaffen werden“.

Über die Kosten des Pilotprojektes – 20 Ämter werden komplett umgebaut – schweigt sich die Direktion der Post AG in Bonn aus. Fest steht, daß allein neun Versuchsfilialen in Berlin liegen. „Berlin ist eben ein unheimlich interessanter Testmarkt“, so der Post-Sprecher. Weitere Dienststellen in Stuttgart, Cottbus, Zwickau, Dresden, Köln und Düsseldorf werden zur Zeit ebenfalls für das Projekt präpariert.

Durchweg handelt es sich um Postämter von mittlerer Größe, also mit vier bis fünf Schaltern. Die großen Filialen hätten so schon mit genug Andrang zu kämpfen, die kleinen mit zwei Schaltern böten zu wenig Platz. Darüber hinaus sollen die Ämter im Optimalfall „so zwischen City und Wohnbereich“ liegen. Die Post hat bei ihrer Suche nach neuen Märkten weniger den Kunden im Auge, der den Wochen- oder Monatseinkauf erledigt, „sondern diejenigen, die schnell noch was für den Tag besorgen müssen“.

Eine Ausdehnung des Briefmarkenverkaufs auf Kioske schließt Dopychai aus. „Da hätten wir ja dann einen Kannibalisierungsefekt, wenn es 100 Meter vom Postamt entfernt die gleiche Dienstleistung gäbe.“ Was für die Stadt gelte, gelte aber nicht für das Land, wo es ohnehin kaum noch Postfilialen gibt. Hier schweben dem gelben Dienst Kooperationsverträge mit dem lokalen Einzehandel vor: mit Bäckern, Floristen, Lebensmittelhändlern. Imbißbudenbesitzer werden allerdings keine Lizenz zum Briefmarkenverkauf erhalten. „Aus Imagegründen“, sagt der Post-Sprecher. Christoph Oellers

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