: Wanted: Lizenz zum Schmuggel
■ Internes Papier aus dem Außenministerium belegt: BND beantragte illegalen Handel mit Nuklearmaterial
Bonn (taz) – Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat sich sowohl vor als auch nach dem Münchener Plutoniumschmuggel intensiv damit beschäftigt, einen künstlichen Markt für Nuklearmaterial aufzubauen und illegale Deals zu betreiben. Das geht aus einer internen Vorlage aus dem Außenministerium vom 16. August 1994 hervor, die der taz vorliegt. Unter Punkt 4 heißt es: „Strittig war bisher innerhalb der Bundesregierung die Ausweitung der Kompetenzen des BND bei der Aufklärung von Nuklearschmuggelfällen im Ausland. ChBK [Chef des Bundeskanzleramts] und BMI [Innenminister] unterstützen den Anspruch des BND, als Schein- Aufkäufer aufzutreten und den Transport der Schmuggelware zu organisieren. Dies ist gesetzlich nicht abgedeckt, und insbesondere der BMJ [Justizminister] hat sich aus grundsätzlichen Überlegungen verweigert.“ Der BND beanspruchte also eine Lizenz zum Atomschmuggeln – mit der er auch gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen würde.
Anlaß für die Vorlage war die nachrichtendienstliche Runde bei dem Chef des Bundeskanzleramts unter Leitung von Staatsminister Bernd Schmidbauer. „Im Mittelpunkt“ der Beratungen sollte laut Vermerk „der jüngste Plutonium-Fund“ vom 10. August 1994 an Bord einer aus Moskau kommenden Lufthansa-Maschine stehen, an dessen Aufdeckung „der BND maßgeblich beteiligt“ war.
Das Außenministerium wollte sich offensichtlich heraushalten. So heißt es weiter in der Vorlage: „Wir haben bisher keine Stellung bezogen und sollten dies auch weiterhin vermeiden (Fraktionssolidarität vs. Verfolgungsinteresse), zumal wichtige AA-Interessen dabei nicht berührt werden.“ Laut dem Schreiben sollte das Thema auch auf der „morgigen Kabinettssitzung“ angesprochen werden. Verfasser des Papiers ist Dr. Claus Auer vom Auswärtigen Amt, von dem bereits im Dezember ein Vermerk öffentlich geworden war, in dem er es als „problematisch“ beschrieb, daß der BND den Münchener Atomschmuggel „weitgehend herbeigeführt“ habe. Daraufhin hatten Kanzleramt und Staatsminister Schmidbauer versucht, dies als persönliche Meinung eines Beamten, der mit den Akten nicht betraut gewesen sei, herunterzuspielen. Die taz hatte nachgewiesen, daß Auer und sein Referatsleiter Blankenstein, der den jetzt aufgefundenen Vermerk unterschrieben hat, durchaus als Nuklear-Spezialisten im Außenministerium tätig sind. Schmidbauer soll am kommenden Freitag im Plutonium-Untersuchungsausschuß aussagen. Holger Kulick Kommentar Seite 10
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