: Autofreie Diät fürs Viertel
■ Wer ab sofort freiwillig auf seine Blechkiste verzichtet, gewinnt 460 Mark
Hier wohne ich, hier laufe ich – diesen Spruch sollten sich alle ViertelbewohnerInnen zu eigen machen. Das wünschen sich die InitiatorInnen der Aktion „Minus 100“. Mindestens 100 Autos will die vom Ortsamt, dem Umweltressort, StadtAuto und der BSAG ins Leben gerufene Kampagne im Viertel abschaffen. Damit die Karosserie-BesitzerInnen aufspringen, lockt ein „Zuckerbrot“:
Wer in diesem Jahr sein Auto abmeldet oder bereits abgemeldet hat, erhält gegen Zahlung von 600 Mark ein Jahresticket der BSAG und ist 1996 automatisch Mitglied in der StadtAuto-Initiative. Schnell Reagierende sparen mit dem „Mobilitätspaket“ 460 Mark im Jahr, denn allein das BSAG-Jahresabo kostet 576 Mark, die Aufnahmegebühr beim StadtAuto normalerweise 250 Mark plus 20 Mark monatlicher Gebühr pro Person. Für den Januar ist diese Ersparnis (48 Mark für das Monatsticket der BSAG und 20 Mark Grundgebühr StadtAuto) bereits beinahe perdu. Je länger man wartet, umso geringer die Spanne zwischen Normalpreis und Angebot.
„Minus 100“ – was wie eine neue Diätvorschrift klingt, gilt nur für die BewohnerInnen des Viertels, genauer, für die des Postzustellbereiches 28203. Denn „Minus 100“ ist ein Modellprojekt, intensiv beäugt vom In- und Ausland. Kurzentschlossen schoß die EU allein 26.000 Mark zu, schließlich könnte es sein, daß sich hier auch für andere Städte eine Alternative entwickelt.
Geeignet ist das Viertel aus mehreren Gründen: Das „1.000-Pfähleprogramm“ könnte die Bereitschaft der AnwohnerInnen zum Autoverzicht vergrößert haben. Wohl keiner, der nicht genervt wäre vom stundenlangen Suchen nach einem Parkplatz, von den Dauerrunden um den Block, immer an der eigenen Haustür vorbei.
Zum anderen hat das Viertel ohnehin zu viele Autos: 11.000 anwohnereigene Blechkisten versperren die wenigen freien Plätze an den Straßen, verpesten die Wohnidylle. Obwohl das Viertel mit 372 PKW pro 1.000 AnwohnerInnen noch unter Bremens Schnitt liegt (438/1.000), wirkt die hohe Zahl in den schmalen Straßen horrend. Untersuchungen zufolge stehen 25 Prozent aller dort angemeldeten PKWs vorwiegend herum. Sie werden, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise bewegt, sonntags zum Verwandtenbesuch, donnerstags zum langen Einkauf. Ein teures Vergnügen, die Basiskosten für ein Auto liegen zwischen drei- und vierhundert Mark monatlich. Teuer auch deswegen, weil, und das gilt bundesweit, bei 70 Prozent aller Fahrten weniger als 10 Kilometer zurückgelegt werden. Die BSAG oder das StadtAuto wäre folglich eine prima Alternative.
Leider kommt die Idee im Viertel etwas spät. „Minus 100“ hätte zur Versöhnung der durch die Verkehrsberuhigung entnervten Gemüter beitragen können. Doch die von StadtAuto ausgegangene Idee zu der Kooperation mit dem Ortsamt, dem Umweltressort und der BSAG ist erst vier Monate alt. Insofern betrachtet, erfolgte die Umsetzung superrasant.
„Jedes Fahrzeug weniger im Wohnumfeld ist ein Erfolg“, lautet die Devise der Aktiven. Für die kommenden vier Monate haben sie Am Dobben 73 ein Ladenlokal eröffnet, in dem man sich werktags zwischen 15 und 19 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr beraten lassen oder den „Preis“ entgegennehmen kann. Einer hat bereits den Weg zum Büro gefunden. Er wies nach, daß er seine Blechkiste zum Jahresbeginn sogar hatte verschrotten lassen. Hanne Puvogel, Mitarbeiterin beim StadtAuto: „Das ist uns natürlich am liebsten.“ dah
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