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Dem Germanenfluch entronnen

■ Mit großer Mühe erreichte Boris Becker durch einen Fünfsatzsieg über den Engländer Greg Rusedski die zweite Runde der Australian Open in Melbourne

Berlin (taz/dpa) – „Ich glaube nicht, daß in Australien irgendeine magische Gefahr für deutsche Spieler besteht“, sagte der Münchner David Prinosil, nachdem gestern in schneller Folge er selbst, Marc-Kevin Goellner, Bernd Karbacher und Hendrik Dreekmann in der ersten Runde der Australian Open gescheitert waren. Prinosil hat recht. Gäbe es eine Art Germanenfluch in Melbourne, dann wäre diesem mit Sicherheit auch Boris Becker zum Opfer gefallen. Der aber gewann sein Match gegen Greg Rusedski in fünf Sätzen mit 6:4, 3:6, 4:6, 6:3, 6:3 und erreichte die zweite Runde gegen Thomas Johansson (Schweden), obwohl es besonders im vierten Satz keineswegs so ausgesehen hatte.

Nach gutem Beginn verlor Becker im zweiten Satz plötzlich den Faden, als er eine frühe Breakchance zum 1:0 leichtfertig vergeben hatte und seinen aufschlaggewaltigen Gegner ins Spiel kommen ließ. Rusedski war im letzten Jahr vor allem dadurch in den Blickpunkt gerückt, daß er kurz vor Wimbledon vom Kanadier zum Engländer mutierte und sich dadurch zum Liebling der britischen Massen und Massenblätter aufschwang. Nachdem es ihm Pete Sampras im Achtelfinale auf dem Centre Court jedoch verwehrt hatte, zum modernen Lord Nelson oder wenigstens Fred Perry aufzusteigen, war es wieder still um Rusedski geworden. In Melbourne bot sich dem 33. der Weltrangliste plötzlich die Chance zu einem neuen spektakulären Auftritt. Er holte sich sowohl den zweiten als auch den dritten Satz und sah auch im vierten zunächst wie der sichere Sieger aus.

Becker, der hier im Flinders Park schon im Vorjahr in der ersten Runde ausgeschieden war – damals gegen Pat McEnroe –, präsentierte sich während dieser Phase in seiner schlechtesten Verfassung, haderte permanent mit den Linienrichtern, schlich gramgebeugt über den Platz, fluchte entweder lauthals oder zeterte mißmutig in seinen grob geschätzten Sechstage-Stoppelbart. Seine Sprints ans Netz wirkten schwerfällig, dementsprechend spät traf er die Bälle, und dementsprechend groß waren die Schwierigkeiten, seine Aufschlagspiele durchzubringen. Dann hatte Rusedski auch noch Glück mit Netzrollern, Becker verstummte nun sogar und war nur noch wandelnde Depression. Dennoch hatte er nach einer kurzen Aufschlagschwäche seines Gegners auf einmal zwei Breakbälle, und als diese vergeben waren und der Brite auch dieses Spiel gewonnen hatte, packte den 28jährigen Münchner sichtlich die Wut. Prompt spielte er besser. Nicht viel, aber es reichte gegen einen erlahmenden Rusedski. Break zum 5:3, Satzgewinn.

Danach geriet Becker kaum noch in Gefahr. Seine Aufschläge flogen wieder ins Feld, die Returns kamen präzise, und der Blick hatte den dauerhaften Flor von Resignation aus dem vierten Satz verloren. Nicht einmal als Gattin Barbara, die die ganze Zeit über erstaunlich sorglos gewirkt hatte, nach dem Break zum 4:3 ihren Sitz verließ, ließ er sich beirren und nahm Rusedski als Krönung auch noch dessen Aufschlag zum 6:3 ab. „Er hat gezeigt, warum er ein großer Spieler ist“, war Greg Rusedski anschließend voll des Lobes.

Weniger Erfolg hatten trotz beeindruckender Aufholjagden Hendrik Dreekmann und David Prinosil. Dreekmann mußte bei seinem 0:6, 2:6, 6:1, 6:3, 4:6 gegen Frederik Fetterlein hilflos zusehen, wie der Däne einen 2:4-Rückstand im fünften Satz aufholte. Heftige Wadenkrämpfe hatten Dreekmann fast kampfunfähig gemacht. Auch Prinosil holte einen 0:2-Satzrückstand auf, um dann doch noch zu verlieren. Er unterlag Diego Nargiso (Italien) mit 4:6, 6:7 (3:7), 6:4, 6:2, 3:6. Zu Beginn hatte Prinosil nicht schlecht gestaunt, als ihm anstelle des Marokkaners El Aynaoui, der kurz vor dem Match verletzt verzichten mußte, der Italiener gegenübertrat. Niemand hatte den Deutschen informiert, und der wunderte sich: „Statt einem Rechtshänder stand da plötzlich ein Linkshänder.“

Ansonsten gab es jede Menge Favoritensiege. Drei Tage vor seinem 30. Geburtstag schlug der Schwede Stefan Edberg den Tschechen Jiri Novak mit 7:6 (8:6), 7:5, 3:6, 5:7, 6:1. Der Österreicher Thomas Muster hatte beim 6:3, 6:3, 6:2 gegen Thierry Guardiola ebensowenig Mühe wie Pete Sampras (USA), der nach überstandener Grippe mit einem 7:5, 6:3, 6:2 über den Australier Richard Fromberg startete. Matti

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