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Der geplatzte Traum vom Würstchen-Klo

■ Mönckebergstraße: Bezirksversammlung pfeift SPD-Investor zurück Von Patricia Faller

Neues von der „Würstchen-Connection“: Für die Fraktionen von GAL und CDU im Bezirk Mitte riecht die Vergabe der Kombi-Variante „öffentliche Toiletten mit Würstchenbude“ am Gerhart-Hauptmann-Platz (taz berichtete am Wochenende) immer stärker nach SPD-Filz: Würstchenkönig Helmut Schultze habe den Zuschlag ohne öffentliche Ausschreibung wegen seines roten Parteibuches bekommen, behaupten die Oppositionsparteien. Nicht ohne Beleg: In der Bezirksversammlung am Dienstag abend präsentierten sie einen weiteren Interessenten und widerlegten damit die Behauptung von Bezirksverwaltung und SPD, es habe nur einen Bewerber gegeben.

Die Hamburger Großbäckerei Wiedow hatte sich bereits seit über einem Jahr um die besagte Bedürfnisanstalt bemüht. Duftende Backwaren wollte sie dort feilbieten. „Uns wurde von der Behörde gesagt, das wird nie etwas in der Mönckebergstraße“, erklärte Gesellschafter Thorsten Wiedow gestern gegenüber der taz. Ein Gestaltungsrahmen von 1987 sehe, so der amtliche Bescheid, an dieser Stelle leider keine Bebauung vor. Daraufhin habe man den Plan ad acta gelegt.

Beim Antrag von Helmut Schultze war dies anscheinend kein Hindernis mehr. Hamburgs Oberbaudirektor Egbert Kossak höchstselbst habe die Pläne abgesegnet, behauptete Bezirksamtsleiter Rolf Miller. Kossak erklärte hingegen gestern gegenüber der taz, davon rein gar nichts zu wissen.

Schultze, der den Wurst-Tempel „Lukullus“ auf der Reeperbahn betreibt, muß indessen seine Träume von einer Filiale auf der Mö erst einmal begraben. Auf Antrag von GAL und CDU wurde die Angelegenheit zurück in den Bauausschuß überwiesen, weil den Abgeordneten bei ihrer ersten Entscheidung Informationen über den Gestaltungsrahmen vorenthalten worden seien.

Dagegen half auch nicht der Versuch von SPD-Fraktionschef Jan-Hinrich Fock, der aufgebrachten Opposition Senf um den Mund zu schmieren: Er pries den Würstchen-Genossen Schultze als soliden Geschäftsmann, der das Stille Örtchen für rund 500.000 Mark erst einmal sanieren müsse, immerhin drei Arbeitsplätze schaffe und zudem angeboten habe, vier weitere Toiletten, die die Stadt selbst bestimmen dürfe, zu renovieren und zu betreiben.

Die Opposition verlangt nun eine öffentliche Ausschreibung für das Wurstklo in der City. Unser Vorschlag für den Ausschreibungstext: „Zur Würstchenbude ausbaufähige, schon etwas muffelnde, öffentliche Toilette in 1A-Lage zu vergeben“.

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