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Absurdes Theater im Berlusconi-Prozeß

■ Journalisten sitzen im Häftlingskäfig, der Medienzar vermutet ein Komplott

Mailand (taz) – Absurder Start des Korruptionsprozesses gegen den Exministerpräsidenten und Medientycoon Silvio Berlusconi und zehn weitere Angeklagte: Vom Großen Gerichtssaal, der gut 200 Personen Platz bietet, war man in die frühere „kleine Aula“ umgezogen, angeblich, weil es nur hier Installationen für Fernsehübertragungen gibt. Es stellte sich heraus, daß dieser Raum zwar keine Pressetribüne, dafür aber nicht benötigte Käfige für Schwerstverbrecher aufweist. So mußten die Journalisten in den Käfigen Platz nehmen, die meisten auf dem Boden hockend. Dafür fiel die Fernseh- Live-Ausstrahlung aus: Das Gericht ließ nur Hörfunk-Direktschaltungen zu, ansonsten nur zeitversetzte, zusammengeschnittene Filme. „Ein wahrhaft traumhaftes Bild von Pressefreiheit“, beklagte ein CNN-Mann, dem ein Kollege auf die Hand getreten war.

Berlusconi nutzte die Situation zu einem seiner üblichen Angriffe: „Da seht ihr mal, wie es euch ergehen würde, wenn bestimmte Pläne Wirklichkeit würden“ – eine Anspielung auf die von seinen Zeitungen und TV-Sendern gegen den früheren Chef-Ermittler Antonio Di Pietro zusammengebrauten Putschvorwürfe.

Demnach soll Di Pietro für seinen geplanten Einstieg in die Politik einen Dreistufenplan ausgeheckt haben. So versuche er erstens durch die gnadenlosen Antikorruptionsermittlungen die gesamte Nomenklatura auszuhebeln, zweitens wolle er die Politelite und die Parteien neukonstituieren, und drittens beabsichtige er, den Antikorruptionskampf zu internationalisieren. „Er hat eine Revolution geplant!“ meldete Il Giornale, die dem mitangeklagten Berlusconi- Bruder Paolo gehört.

Bei der nächsten Sitzung am 26. Januar wird die Anklageschrift verlesen. Dann werden die Berlusconis ihre Verteidigungslinie erproben: Die Anklage sei lediglich ein Komplott, um Berlusconi als Politiker zu diskreditieren. Das wird schwer zu belegen sein – immerhin haben drei von vier Managern Berlusconis die ihnen vorgeworfenen Schmiergeldzahlungen an die mitangeklagten Finanzbeamten eingeräumt. Di Pietro hat Berlusconis Kampagne bisher nur einen Satz entgegengehalten. Gerade weil es nur ein einziger Satz war, wird er zum Ärger Berlusconis in allen Zeitungen wiederholt: „Man sieht, der Mann hat noch immer mächtig Angst vor mir.“ Werner Raith

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