Werbung für das Gen

Die Botschaften sind eindeutig und verheißungsvoll: „Morgen ohne Krebs“ lautet der Werbe-Slogan einer „Schweizer Stiftung für eine verantwortungsvolle Gentechnik“ und eine Initiative der deutschen Chemieindustrie läßt in ihrer Anzeigenkampagne einen Forscher prognostizieren: „Wann wir AIDS besiegen werden, weiß ich nicht. Aber ich bin sicher: Ohne Gentechnik hätten wir den Kampf bereits verloren.“

Markige Worte mit Methode. Um bei der Bevölkerung eine Akzeptanz für die Gentechnologie zu schaffen, wird die Möglichkeit der Entwicklung neuartiger Wunderheilmittel gegen tückische und tödliche Krankheiten von der Gentech-Lobby in die Öffentlichkeit gepuscht. Wer will schon die moralische Verantwortung auf sich nehmen, mit einer generellen Ablehnung der Technik zu verhindern, daß wirksame Therapien gegen AIDS, Hepatitis oder Krebs gefunden werden? Da die Risiken der Gentechnologie abstrakt sind, sollen ihre nützlichen Anwendungen um so greifbarer erscheinen. Ohne Gentechnik – so das Credo – keine Lösung wichtiger Menschheitsprobleme, kein Schutz gegen Krankheit, Hunger und Tod.

Doch auch in der medizinischen Forschung hechelt die Gentechnik dem Anspruch hinterher, den Reparaturbetrieb Medizin zu perfektionieren. Statt den solidarischen Umgang mit kranken und behinderten Menschen zu befördern und gefährliche Umweltgifte zu verbieten, wird darauf gesetzt, Erbmaterialien so zu verändern, daß sich der Mensch der belasteten Umwelt anpaßt und nicht die industrielle Umwelt dem Menschen. „Fortschritt“ gibt es dabei nur für die, die zahlen können: Während eine Verbesserung der Gesundheitsvorsorge in der sogenannten „Dritten Welt“ mit wenig Geld viele Menschen retten könnte, wird hier für Milliarden an Gentech-Therapeutika geforscht. Die Moral ist zwiespältig: Kann sein, daß AIDS ohne Gentechnik nicht zu besiegen ist. Sicher aber ist: Käme das HI-Virus nur in armen Ländern vor, wäre dieser Kampf noch gar nicht aufgenommen worden.