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Gespart werden kann durch mehr Beschäftigung

■ Interview mit dem neuen ÖTV-Vorsitzenden Herbert Mai über den Beschäftigungspakt

taz: Herr Mai, vor ein, zwei Jahren war der zweite Arbeitsmarkt im Gespräch, um die Beschäftigungsprobleme in Deutschland zu lösen. Dann die Teilzeitarbeit. Was können Spitzengespräche wie das morgige überhaupt noch bewegen?

Herbert Mai: Es ist erstmalig, daß drei gesellschaftliche Gruppen gemeinsam die Verantwortung übernehmen wollen für den Arbeitsmarkt. Es hat eine neue Qualität, wenn Kanzler, Gewerkschaften und Arbeitgeber gemeinsam eine Vereinbarung treffen wollen.

Wie könnte die denn aussehen?

Es ist ein Mißverständnis, daß in solchen Gesprächen eine konkrete Zahl von Arbeitsplätzen vereinbart wird...

Die hat aber doch IG-Metall- Chef Zwickel ins Gespräch gebracht. 110.000 neue Jobs und dafür Lohnverzicht – das war sein Angebot.

Zwickel hat nur gesagt: Wenn die Bundesregierung ihre Kürzungspläne ändert und die Arbeitgeber Arbeit schaffen, dann sind wir zu Verzicht bereit.

Wenn es nicht um eine konkrete Zahl von neuen Jobs geht, worum denn dann?

Die Kanzlerrunden ersetzen keine Tarifverhandlungen. Aber es werden z.B. die Ausbildungsplätze eine Rolle spielen. Diesmal muß eine konkrete Zahl von Ausbildungsplätzen vereinbart werden. Dann geht es um die Frage der Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe. Das ist ja eine Bedingung für das „Bündnis“.

Aber es erscheint doch eher unwahrscheinlich, daß die Regierung ihre Kürzungspläne vollständig zurücknimmt. Die Minister sind zu Kürzungen entschlossen. Wie kann denn sonst gespart werden?

Indem es mehr Beschäftigung gibt. Die hohen Sozialausgaben werden ja durch die Arbeitslosigkeit verursacht.

Der DGB schlägt vor, mit Hilfe des Überstundenabbaus neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Überstunden spielen sicher auch eine Rolle. Aber die sind letztlich Sache konkreter Vereinbarungen der Tarifpartner. Da kann es am Dienstag nur einen Grundkonsens geben, Überstunden möglichst mit Freizeit auszugleichen.

Die Gewerkschaft ÖTV ist in der „Bündnis“-Diskussion bisher nicht hervorgetreten, obwohl Sie in der Kanzlerrunde mit dabeisein werden. Was schlägt denn die ÖTV vor zum „Bündnis für Arbeit“?

Der öffentliche Dienst mit seinen sechs Millionen Beschäftigten muß in solch ein Bündnis mit einbezogen werden. In unserem Bereich ist klar: Der Trend zum Personalabbau muß in einen Trend zur Beschäftigungssicherung umgewandelt werden.

Und wie soll das gehen?

Wir haben im Gegensatz zur IG Metall in diesem Jahr eine Tarifrunde vor uns. Ende März stellen wir unsere Forderung auf, in die dann auch Elemente der Beschäftigungssicherung eingearbeitet werden sollen.

Zum Beispiel?

Darüber diskutieren wir noch mit den Mitgliedern. Es gibt zum Beispiel eine Debatte darüber, ob man in einigen Bereichen, die stark vom Abbau bedroht sind, auch im Westen Öffnungsklauseln zuläßt. Mit diesen Klauseln könnte dann die Arbeitszeit reduziert werden, mit Teillohnausgleich. So wie im Osten ja schon eine reduzierte Arbeitszeit mit Teillohnausgleich vereinbart werden kann, wenn die Beschäftigten dann vor einer Kündigung geschützt sind. Das wird jetzt auch in Bremen debattiert.

Sie könnten ja auch einfach mit einer moderaten Lohnforderung in die Tarifrunde gehen.

Ohne verbindliche Zusagen der Arbeitgeber geht das nicht. Das haben wir schon in der Tarifrunde 1987 gemacht. Da haben wir niedrige Gehaltserhöhungen vereinbart gegen die Zusage neuer Arbeitsplätze. Die niedrigen Erhöhungen haben wir bekommen, nicht aber die neuen Jobs.

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