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Bausenator Schulte ist inkompetent, wenn es ums Ozonloch geht -betr.: "CDU: Freie Fahrt für Autos" taz vom 20.1.96

Betr.: „CDU: Freie Fahrt für Autos“ v .20.1.

Kann man einen Bausenator ernst nehmen, der sich alleinig (“Ich brauche hier keine Mehrheiten.“) für „fachlich zuständig“ hält, die Verkehrsberuhigung im Viertel zurückzunehmen, und im nächsten Atemzug einrnäumt, daß „nach drei Wochen noch keine fachliche Bewertung möglich ist“? Spricht es für verkehrspolitische Fachkompetenz, daß ihn „der dramatische Stimmungsumschwung unter den Kaufleuten“ dazu bewogen hat, eine Maßnahme zu kippen, die in jahrelangen Diskussionen (Schulte: „basisdemokratische Sandkastenspiele“) vorbereitet wurde? Wohl kaum. Wer diesen Senator noch für fachkompetent hält, seine Entscheidungen für demokratisch legitimiert, der ist selbst nicht ernstzunehmen.

Umso ernster sind die Probleme, um die es – neben den Sorgen der Viertel-Geschäftsleute und einiger Autobesitzer – in diesem Konflikt auch und wahrscheinlich hauptsächlich geht: - Die Medien schlagen uns vor, Kinder unbekleidet nur noch zehn Minuten am Tag in der Sonne spielen zu lassen, - das Ozonloch erreichte im letzten Sonuner seine Rekordausdehnung, - seit 1945 starben auf westdeutschen Straßen 570.000 Menschen, 18,7 Millionen wurden verletzt; - heute (20.01.) lese ich, daß Mediziner vor der zunehmenden Ausbreitung von Krankheitserregern infolge des Klimawandels warnen; - die Waldschadensbilanz vermeldete im letzten Jahr Rekorde ...

Und die Arbeitsplätze?, leben wir nicht von der Autoindustrie?, würde vielleicht ein Schulte dagegen halten. „Die Autoindustrie setzt auf Indiens Mittelstand“ wurde im November gemeldet, sie plant und organisiert bereits die Eroberung der Märkte in China, Vietnam nnd Brasilien – hier vernichtet sie systematisch Arbeitsplätze.

Auch wenn es noch zutrifft, daß viele heute und hier ihr Geld in der Autoindustrie verdienen, auf lange Sicht leben wir nicht von ihr, sondern wir sterben durch die Autoindustrie.

Natürlich geht es nicht darum, das Auto als Verkehrsmittel abzuschaffen. Es geht darum, die Autodichte (z.Zt. 508 Pkws auf 1.000 Einwohner) auf ein vertretbares oder notwendiges Niveau zu reduzieren.

Das wird lange dauern, dazu braucht es sinnvolle und attraktive Alternativen, sorgfältig geplante Konzepte, Überzeugungsarbeit und viel Geduld mft denen, die sich der Vernunft widersetzen. Und natürlich sind die Probleme nicht im Viertel zu lösen.

Aber irgendwo muß man beginnen und kein Stadtteil eignet sich besser, erste kleine Schritte zu gehen, als das Viertel.

Wir brauchen eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik. Einen Bausenator von der Qualität eines Herrn Schulte brauchen wir nicht.

Wolfgang Rieke

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