: UNO plant „Pläne“ zu Burundi
■ Angesichts des Bürgerkriegs überlegen UNO-Kreise eine „humanitäre“ Intervention nach dem Somalia-Modell
Brüssel (taz) – Der UN-Sicherheitsrat hat in der Nacht zu gestern eine Reihe von Maßnahmen gegen Burundi angedroht, wo die von der Tutsi-Minderheit dominierte Armee gegen Rebellengruppen der Hutu-Mehrheit kämpft. Die einstimmig angenommene Resolution 1040 sieht die eventuelle Verhängung eines Waffenembargos vor sowie Reiseverbote für „Führer, die weiterhin die Gewalt schüren“. Bei einer weiteren Verschlechterung der Lage solle UN- Generalsekretär Butros Ghali weitergehende „Pläne“ entwerfen.
Nachdem in den letzten Wochen mehrere hochrangige UN- Vertreter Burundi besucht haben, zeichnet sich ab, daß es bei diesen „Plänen“ um die Stationierung einer Blauhelmtruppe in Burundi zum Schutz humanitärer Hilfsaktionen geht. Dies war bereits die Zielsetzung der mißglückten UN- Intervention in Somalia 1992 bis 95. Butros Ghali wirbt außerdem für seinen erstmals 1994 präsentierten Vorschlag, im Nachbarland Zaire eine „präventive“ Blauhelmtruppe für eine mögliche Intervention in Burundi bereitzuhalten.
Ghalis Vorschlag erhielt am Montag Unterstützung aus Zaire selbst, als der zairische UNO-Botschafter Lukabu Kabudji N'Zaji die mögliche Zustimmung seines Landes zu einer Truppenstationierung andeutete. „Es liegt an uns, denjenigen Frieden aufzuzwingen, die ihn verletzen, wenn nötig mit Gewalt“, sagte er.
Die zairische Haltung scheint vor allem dem Wunsch zu entspringen, endlich die über eine Million Flüchtlinge aus Ruanda und die mehreren zehntausend Flüchtlinge aus Burundi loszuwerden. In der einstigen Kolonialmacht Belgien wird außerdem befürchtet, daß eine UN-Truppenstationierung in Zaire dem zairischen Präsidenten Mobutu zusätzliches internationales Prestige verschaffen würde, wie es schon nach der Aufnahme der ruandischen Flüchtlinge in Zaire im Sommer 1994 der Fall war. Skeptisch äußert sich gegenüber der taz auch der Vertreter der „Organisation für Afrikanische Einheit“ (OAU) in Brüssel, Wawa Lossey Lemba: Er sagt, die OAU sei nicht konsultiert worden, und man müsse zunächst die Ergebnisse der Ostafrika- Flüchtlingskonferenz auswerten, die im Februar 1995 in der burundischen Hauptstadt Bujumbura stattfand.
In Burundi hat die Tutsi-dominierte Armee wissen lassen, daß jede Militäroperation von zairischem Boden als feindlicher Akt gewertet würde. Denn ihrer Meinung nach ist die in Frage kommende Region um die zairische Stadt Uvira an der Grenze zu Burundi Aufmarschgebiet der burundischen Hutu-Guerilla „Kräfte zur Verteidigung der Demokratie“ (FDD), die vor allem im Norden Burundis aktiv ist. In Zaire sei ferner der burundische Hutu-Rundfunksender „Radio Rutomorangingo“ stationiert, dessen extremistischer Diskurs dem ruandischen Hutu-Hetzsender „Radio-Television des Mille Collines“ ähnelt.
Es gibt auch subtilere Gründe für die Feindschaft zwischen Burundis Militär und Zaire. Zaires Präsident Mobutu und der burundische Ex-Präsident Jean-Baptiste Bagaza, der unter den Tutsi-Hardlinern große Anhängerschaft genießt, sind Intimfeinde. Vor seinem Sturz 1987 soll Bagaza bewaffneten zairischen Mobutu- Gegnern Unterschlupf gewährt haben.
Aus offensichtlichen Gründen ist Burundis Militärführung auch gegen ein Waffenembargo, weil es sich nach den UN-Plänen nur gegen die Armee und nicht gegen die Hutu-Guerilla richten soll. Letztere ist aus ebenso offensichtlichen Gründen an einer UN-Intervention interessiert.
Burundis gegenüber der Armee ziemlich machtloser Hutu-Staatschef Sylvestre Ntibantunganya, der von radikalen Hutus ebenso angefochten wird wie von radikalen Tutsis, steht den UN-Plänen reserviert gegenüber, weil sie seiner Meinung nach den Extremisten beider Seiten Vorschub leisten. Die UNO geht das Risiko ein, die Bunkermentalität der burundischen Tutsi-Militärs zu stärken; außerdem würde ein UN-Eingreifen die Internationalisierung des burundischen Konfliktes bedeuten. Schon jetzt sind beide Lager in Burundi davon überzeugt, daß der jeweilige Gegner Unterstützung aus Ruanda erhält. François Misser
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