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Pariser Platz wird nicht aus Stuckpappe gebaut

■ Auf dem CDU-Bauherrenkolloquium zum Pariser Platz konnten die Preußen-Nostalgiker nicht überzeugen. Keine Chance für das „schöne Berlin“

„Wollen Sie wirklich, daß dies so wiederaufgebaut wird?“ fragte Gerd Moll, Unternehmensvertreter der Allgemeinen Beteiligungs- und Immobilien GmbH, die am Pariser Platz neben der französischen Botschaft ihr neues Gebäude errichtet, und hielt eine alte Postkarte hoch. Daß er das nicht will, war leicht zu erkennen. Und die übrigen geladenen Bauherren vom Pariser Platz, die Akademie der Künste, die Hanseatica und die Dresdner Bank, dachten genauso. Eine Änderung der Pläne zugunsten historisierender Fassaden im Ambiente der Kaierzeit werde es mit ihnen nicht geben.

Als Flop für die Union sowie die Gesellschaft Historisches Berlin entpuppte sich gestern das sogenannte „CDU-Bauherrenkolloquium Historische Mitte“. Zwar mühten sich CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky und sein Adlatus Volker Liepelt – der von den Bündnisgrünen mit dem „pappenen Stuckteller“ ausgezeichnet wurde –, die untergegangene Achse Schloßplatz, Straße Unter den Linden und Pariser Platz „wieder neu zur Diskussion zu stellen“. Allein ihr Ruf nach „möglichen Korrekturen“ der Stadtplanung, ihr Wunsch, die historischen Bauten zu rekonstruieren und das „schöne Berlin“ wiedererstehen zu lassen, verhallte.

Da half auch nicht, daß sich die CDUler mit rechten Nostalgikern, dem Historiker Arnulf Baring oder dem Jounalisten Joachim Fest (FAZ), munitionierten. Deren „Entfremdungsschock“ (Fest) oder „Gefühl emotionaler Leere“ (Baring) angesichts moderner Architekturentwürfe am Pariser Platz ließen die Bauherren überwiegend kalt.

„Hauptstädtisches Selbstbewußtsein“, das Baring erst durch die Rekonstruktion der Mitte in den Kulissen des 19. Jahrhunderts widerfährt, sehen die Mitglieder der Akademie durch den modernen Entwurf von Günter Behnisch ebenso eingelöst wie etwa der Vertreter der Dresdner Bank, Hartmann. Er habe zwar Verständnis für die altpreußischen Fassaden, „ein Haus muß aber mit den heutigen Mittel erbaut werden“, so Hartmann.

Walter Rasch vom Investor Hanseatica, der an der nordwestlichen Platzseite ein Geschäftshaus plant, erinnerte daran, daß heute wirtschaftliche Gesichtspunkte den Ausschlag für eine Architektur mitbestimmten. Rasch nahm die Kritik von Friedrich Spengelin, Akademie der Künste, auf, der deutlich machte, daß bei einer historischen Rekonstruktion auch die „alte Nutzung“ der Gebäude am Pariser Platz wieder einziehen müßte – „und das geht nicht“ angesichts der zeitgemäßen Anforderungen.

Spengelin erinnerte daran, daß für den Pariser Platz ein rechtskräftiger Bebauungsplan mit exakten Vorgaben auf dem Tisch liege. Der moderne Entwurf mit einer Glasfassade für die Akademie werde dem „öffentlichen Anspruch“ der Institution gerecht. Rolf Lautenschläger

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