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Schnee und Eis machen der Bewag zu schaffen

■ Wasserwege sind blockiert. Kohle für Reuter-Kraftwerk kommt über Landweg

Der anhaltende Frost kommt die Bewag teuer zu stehen. Weil seit Mitte Dezember kein Schiff mehr nach Berlin durchgekommen ist und in der Stadt Schleusen blockiert sind, wird die Kohle für die beiden Kraftwerke Reuter und Reuter-West im Bezirk Spandau statt per Schiff mit Bahn und Lkw angeliefert. Berlins größter Kraftwerksstandort liefert rund ein Drittel des Bewag-Stroms. Die Kosten der veränderten Logistik konnte Pressesprecher Siegfried Knopf gestern nicht genau beziffern. Er schätzte die Mehrkosten in den Kraftwerken, wo sich die Anlieferung änderte, jedoch auf fünf bis zehn Prozent. „Wir haben noch keine Erfahrungswerte. Und zur Zeit ist es vor allem wichtig, die Kohle dorthin zu bekommen, wo wir sie brauchen.“ Eine Erhöhung des Strompreises sei deswegen aber nicht zu erwarten.

Auch müssen die BerlinerInnen nicht fürchten, bald in der Kälte zu sitzen. „Selbst wenn kein Gramm Kohle mehr von außen hereinkäme, würden die Vorräte in den beiden Reuter-Kraftwerken 20 Tage lang reichen“, beruhigt Knopf. Zur Zeit werden aber nur rund 1.000 Tonnen des täglichen Bedarfs von 5.500 Tonnen aus diesen Reserven gedeckt. 100 Lastwagen liefern rund 2.000 Tonnen, 2.500 Tonnen die Bahn mit zwei Güterzügen. Normalerweise reichen etwa zehn Schiffsladungen aus.

Weil die Anlage nicht auf Bahn- und Lkw-Anlieferung ausgerichtet ist, sind statt zwei zur Zeit drei Schichten nötig. Vorübergehend verlud man die Steinkohle deshalb im Westhafen von der Bahn auf Schiffe. Doch weil seit eineinhalb Wochen auch die Charlottenburger Schleuse dicht ist, geht über die Spree nichts mehr.

Die Dauerkälte blockiert nicht nur die Wasserwege, sie treibt auch den Stromverbrauch in die Höhe. Der stieg im vergangenen Monat im Vergleich zum Januar 1995 um 4,3 Prozent. „Das ist sehr viel, wenn man bedenkt, daß der Stromverbrauch allgemein leicht rückläufig ist“, konstatiert Knopf. So dramatisch wie im Winter 1978/79 kann die Situation aber nicht werden, als zweieinhalb Monate kein Schiff mehr in die Stadt kam. Damals mußte Westberlin zudem seinen Strom vollständig selbst erzeugen. Heute bezieht die Bewag auch unter normalen Umständen etwa ein Viertel des Stroms über die Veag aus dem europäischen Verbundsystem. Dies könne zur Not noch ausgeweitet werden, so Knopf.

In den anderen Berliner Kraftwerken wirkt sich der Dauerfrost ohnehin nicht so gravierend aus. So wird das Kraftwerk Charlottenburg weiterhin mit Schiffen beliefert. Den Schiffsweg von Königs Wusterhausen nach Klingenberg halten Eisbrecher frei, so daß das dortige Kraftwerk wie immer versorgt wird. Wo Kraftwerke, wie das in Oberhavel, auch normalerweise über Schiene und Wasser versorgt werden, wurde einfach ganz auf die Bahn umgestellt. Bernd Kastner

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