: Gekennzeichnet wird (vielleicht) das Resultat
■ Das Öl aus Raps, nicht aber das Saatgut soll deklariert werden
Essen Sie Saatgut? Natürlich nicht. Deshalb muß genetisch verändertes Saatgut auch nicht als solches gekennzeichnet werden. Das ist die Logik der Bundesregierung, die in der EU bislang immer für eine Kennzeichnung von Lebensmitteln eingetreten ist. Bei der jetzt erfolgten Zulassung von herbizidresistenten Rapssamen stimmte die Bundesregierung zu, ohne auf einer Kennzeichnung zu bestehen.
Dabei war die Entscheidung so knapp, daß die Stimme der Bundesregierung den Ausschlag gegeben hätte. Dänemark, Schweden, Finnland, Österreich und Irland wollten, daß das Saatgut als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet wird.
Mit der Abstimmungsniederlage dieser Staaten hat sich erneut die Kommission durchgesetzt, deren Prämisse lautet: „Gekennzeichnet wird der Effekt, nicht die Methode.“ Auf der Verpackung des Saatguts muß nun lediglich der Hinweis „herbizidresistent“ angebracht werden.
Bis auf weiteres betrifft die Entscheidung nur die Züchtung der neuartigen Rapspflanzen, denn die belgische Firma PGS (Plant Genetic Systems) geht schrittweise vor. In England wurde die Zulassung zur Züchtung beantragt, während man in Frankreich gleich die unbeschränkte Vermarktung des Gen- Rapses erreichen wollte. In beiden Fällen forderte die dänische Regierung eine europäische Entscheidung, die jetzt erst einmal für die Züchtung gewährt wurde.
„Damit ist noch keine Vorentscheidung für die Vermarktung getroffen“, betont Annelies-Ilona Klug, die Sprecherin des für Gen- Tech-Fragen zuständigen Gesundheitsministeriums. Wie über den französischen Antrag auf unbeschränkte Vermarktung entschieden wird, wollte sie unter Verweis auf die geplante Novel-food- Richtlinie der EU aber ausdrücklich offenlassen.
Diese Richtlinie ist immer noch nicht verabschiedet, weil sich Ministerrat und Europäisches Parlament noch nicht geeinigt haben, welche gentechnisch veränderten Lebensmittel gekennzeichnet werden sollen und welche nicht. Doch selbst wenn sich das verbraucherfreundliche Parlament am Ende durchsetzt, dürfte die Richtlinie für die anstehende Raps-Entscheidung sicher zu spät kommen. Und da aus Raps nicht nur Biodiesel, sondern auch Salatöl hergestellt werden kann, wird es für die Bundesregierung spätestens dann zum Schwur kommen.
Die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer ist über das Herumlavieren der Bundesregierung richtig wütend. „Die sind doch nicht mehr glaubwürdig, wenn sie mal für, mal gegen die Kennzeichnung sind.“ Breyer befürchtet, daß der Züchtungsraps früher oder später auch in die Hände von Bauern kommt, die nicht wissen, daß Herbizidresistenz derzeit nur mit gentechnischen Methoden erreicht werden kann. „Und plötzlich haben wir den Gen-Raps in der Nahrungskette, ohne daß sich Verbraucher bewußt dagegen entscheiden können.“
Ob der veränderte Raps zu Allergien bei den VerbraucherInnen führen könnte, wie Hiltrud Breyer nicht ausschließen will, ist bislang kaum erforscht. Verbreiteter sind die ökologischen Bedenken gegen den Anbau der Neo-Raps-Pflanzen. Denn diese sind so konstruiert, daß sie mit dem Herbizid „Basta“ besprüht werden können, ohne Schaden zu nehmen. Falls sich diese Resistenz mit der Zeit auch auf Unkräuter überträgt, wäre die Wissenschaft ratlos. Christian Rath, Brüssel
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